Projekte sind eine unzureichende Antwort auf Komplexität
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum wir heute so arbeiten, wie wir arbeiten? Warum haben wir Organigramme, die für einen gewissen Zeitraum in Stein gemeißelt sind – unbeeinflusst vom Marktgeschehen? Warum gibt es einige wenige Menschen, die Entscheidungen fällen, und viele andere, die diese ausführen?
Projekte sind eine unzureichende Antwort auf Komplexität
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum wir heute so arbeiten, wie wir arbeiten? Warum haben wir Organigramme, die für einen gewissen Zeitraum in Stein gemeißelt sind – unbeeinflusst vom Marktgeschehen? Warum gibt es einige wenige Menschen, die Entscheidungen fällen, und viele andere, die diese ausführen?
Die Geburt der Effizienzwelt
Dieser Markt bot Millionen von Menschen erstmals in der Geschichte die Möglichkeit, sich ihre Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. Da es sich um neues Phänomen handelte, waren diese längst nicht so ausdifferenziert, wie heute: Das Ford Modell T genügte, um Millionen von Mensch den Traum der individuellen Mobilität zu erfüllen.
Außerdem war die Kaufkraft dieser Menschen begrenzt. Gleiches galt für Ihre Möglichkeit, Angebote zu vergleichen und günstige Anbieter zu erreichen, denn es gab weder Fernsehen noch Internet, wenige besaßen ein Auto und die 6-Tage-Woche war die Regel.
Der Markt musste nicht oft erkundet werden, weshalb wir auch von einem "Verkäufermarkt" sprechen. Die Unternehmen stellten sich auf diesen Fakt ein und richteten sich komplett auf Effizienz aus. Ein Unternehmen musste funktionieren wie eine Maschine. Es galt das Motto "die Dinge richtig tun".
Schließlich war klar, was getan werden musste: Produkte entwickeln, herstellen und vertreiben, die die in der Regel bekannten Kundenbedürfnisse erfüllten. Dies musste eben nur kostengünstig und schnell erfolgen. So entstand die Idee, Spezialisten in separate Expertenteams zu verorten: Darauf entwickelten sich die verschiedenen Abteilungen wie Vertrieb, Einkauf und Logistik. Diese Idee formulierte Anfang des vergangenen Jahrhunderts Frederick Winslow Taylor aus und perfektionierte sie.
Effizienz als Mantra – auch in der Bildung
Nicht nur in Unternehmen hielt der Drang zur Effizienz Einzug: Auch wir Menschen wurden und werden sukzessive in diese Richtung sozialisiert. Erkennen lässt sich dieser Fakt sehr anschaulich an unserem Bildungswesen.
Mit Beginn der Grundschule gibt es Fächer. Das Streben nach Exzellenz in diesen einzelnen Fächern gilt als oberstes Gebot. Wir bilden unsere Kinder von Anfang an zu Experten aus.
Komplexität erfordert eine Versöhnung von Effektivität und Effizienz
Mit der Weiterentwicklung unserer Technologie wuchsen auch die Option en der Kunden stetig. Sie können heute nicht nur in einem größer werdenden vernetzten Raum konsumieren, wie einer Online-Plattform. Sie können jetzt auch Rezensionen zu Unternehmen und Produkten abgeben, die andere Kunden beim Kauf beeinflussen.
Das zwingt die Unternehmen, den Markt viel häufiger Wahrzunehmen und zu Erkunden. Durch die in den Unternehmen vorherrschenden Strukturen, die auf Effizienz ausgerichtet sind und nicht auf Effektivität ("die richtigen Dinge tun"), haben Menschen in Unternehmen gelernt, sich hauptsächlich um interne Dinge zu kümmern. Deswegen sind die Wertströme durchtrennt, über die das Unternehmen Werte für den Markt erzeugt. Bild 1 stellt diese These auf der linken Seite dar.
Komplexe Probleme löst man eben nicht in "Expertensilos". Gefragt ist Vernetzung. Die Antwort darauf ist heutzutage oft immer noch das Strukturelement "Projekt": Experten werden aus ihren Silos geholt und zu Projektteams formiert, die bestimmte Fragestellungen und Probleme bearbeiten sollen. Das Paradigma der Expertensilos bleibt damit unangetastet, was letztendlich weiterhin dazu führt, dass in den Unternehmen Komplexität unzureichend gehandhabt werden kann.
Genau dieses Dilemma haben wir in unserem Bereich BI@OTTO vor geraumer Zeit wahrgenommen und reagiert. Wir haben angefangen, konsequent in Wertströmen zu denken und zu handeln, so wie es auf der rechten Seite von Bild 1 zu sehen ist.
Projekte behindern das Agieren nach Effektivität
In unserem BI-Bereich bei OTTO arbeiten derzeit ca. 250 Menschen. Unsere Aufgabe ist, zusammen mit unseren Kollegen in den Fachbereichen, wie Vertrieb, Einkauf, Service, Logistik, Controlling etc., Probleme im Kontext von Entscheidungen und Daten zu lösen. Dafür erstellen wir BI-Produkte, wie Reports, Dashboards, Cockpits oder Date Science Modelle, die bessere, weil auf den Markt abgestimmte Entscheidungen, ermöglichen.
Diese BI-Produkte haben wir früher in Form von Projekten erstellt. Experten, wie Datenmodellierer, Reportentwickler, ETL Developer, Data Scientists etc., bildeten ein Expertenteam. BI-Produkte werden aber eben nicht in diesen Silos erstellt, sondern siloübergreifend. Um diese Experten dann zu einem Team zu formieren, benötigten wir die Struktur eines Projekts. Logisch, oder? Nein, nicht logisch, weil wir die folgenden Probleme in diesem Kontext mit dem Strukturelement "Projekt" festgestellt haben.
- Im Rahmen der Projektanbahnung mussten zu viele Tätigkeiten durchgeführt werden, die nicht wertgenerierend sind. Beispiele dafür sind das Anfertigen von Dokumenten für Projektanträge und Projektvereinbarungen oder das Anfordern von Budget und Menschen.
- Projekte haben ein definiertes Ende. Projektteams zerfallen nach Projektende. Menschen, die BI-Produkte erstellen, sind für den Betrieb dieser nicht verantwortlich. Da kann es dann schon einmal zu Nachlässigkeiten bei der Qualität der Produkte kommen. Ich verurteile dieses Handlungsmuster nicht. Projekte fördern nun einmal kein nachhaltiges Verhalten, da der Betrieb der BI-Produkte an andere Teams und Menschen delegiert wird.
- Unsere Kunden, die Mitarbeiter in den OTTO-Fachbereichen, haben keinen dedizierten Ansprechpartner für in Projekten erstellte BI Produkte. Kommen beim Einsatz von BI-Produkten Fragen auf oder der Wunsch nach Weiterentwicklung, wissen die Mitarbeiter nicht, wenn sie dazu ansprechen können.
Diese Probleme haben bei uns dazu geführt, Projekte abzuschaffen. Projekte sind kein Selbstzweck, sondern sollen strukturgebend sein, um effektiv und effizient Wert zu generieren und zu schöpfen. Sie sind kein Naturgesetz, wie die Gravitation. Sie sind in einer Welt entstanden, in der das Mantra der Effizienz vorherrschte. In dieser Welt wurden Expertendisziplinen, wie Vertrieb, Einkauf, Logistik, Datenmodellierung, Reporterstellung, Projektmanagement etc. entwickelt und perfektioniert.
Dieses Fakt haben wir uns bewusstgemacht und uns über andere wertgenerierende Strukturen, abseits von Projekten, Gedanken gemacht. Heute, wo es eher darum geht, Effektivität und Effizienz in Einklang zu bringen, ist es essentiell, Experten dauerhaft miteinander zu vernetzen und sicherzustellen, dass Experten sich untereinander verstehen.
Auflösung auf der PM Welt 2018
Welche Strukturen wir statt "Projekte" eingeführt haben, welche Schritte wir dabei verfolgt haben, sowie welche Fehler wir gemacht haben, erzähle ich in einem Vortrag auf der PM Welt 2018 in München. Nur so viel vorab als Appetitanreger. Wir haben vor vier Jahren begonnen, einfache Bilder zu malen, an denen wir einen neuen Denkrahmen aufspannten. Wir haben ein neues Führungsverständnis definiert und uns dabei auf in der Öffentlichkeit eher unbekannte Gedankengebäude, wie dem Viable System Model (VSM) von Stafford Beer und der Theory of Constraints (ToC) von Eliyahu Goldratt, gestützt.
Des Weiteren haben wir bekannte Buzzwords, wie "Agil" oder "Lean" entmystifiziert und damit handlungsleitend definiert. Wie hier unter anderem Erkenntnisse aus der japanischen Kampfkunst hineingespielt haben, dürfte Sie vielleicht ebenfalls interessieren.
Besuchen Sie doch die Konferenz und diskutieren Sie mit mir. Ich freue mich darauf.
R. Germer
19.01.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Frank Forsten
19.01.2018
Daniel Vienken
19.01.2018
danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns Ihre Meinung mitteilen. Es tut mir leid, dass der Beitrag Ihre Erwartungen nicht erfüllt hat. Als für den Blog verantwortlicher Redakteur ist es mir ein großes Anliegen, dass sowohl Blogger als auch Leser den Blog des Projekt Magazins als wertvolle Kommunikationsmöglichkeit wahrnehmen.
Wir wollen mit dem Blog ein Forum für Denkanstöße, kurze Meinungsbeiträge und den Austausch dazu anbieten. Für detaillierte und umfassendere Darstellungen ist unserer Meinung nach ein Blog weniger geeignet – diese Anforderung wollen wir mit unseren Fachartikeln erfüllen. Für den direkten und intensiven persönlichen Austausch schließlich haben wir die PM Welt ins Leben gerufen. Auf diese Weise versuchen wir, die vielfältigen Anforderungen der PM-Community zu erfüllen.
Schade, dass uns dies heute für Sie nicht gelungen ist. Aber Sie könnten uns dabei helfen, dies vielleicht doch noch zu tun: Stellen Sie doch direkt hier dem Autor des Blogbeitrags Ihre konkrete Frage! Herr Dethloff wird – innerhalb der Möglichkeiten einer Online-Diskussion ist – sicher darauf antworten.
Viele Grüße
Daniel Vienken
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Gunnar H. Krause
19.01.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Frank Forsten
19.01.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Uwe Keller
19.01.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
19.01.2018
Michael P.
08.02.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
14.02.2018
Dipl.-Kfm. Jörg Uwer
14.02.2018
Dipl.-Math. Conny Dethloff
16.03.2018