Disconnectedness oder die neue Unverbindlichkeit bei Terminen

Immer mehr Menschen leiden darunter, dass Verabredungen jeder Art – ob geschäftlich oder privat – immer unverbindlicher zu werden scheinen. Beispielsweise wird 20 Minuten vor einem seit Wochen feststehenden Termin abgesagt. Oder der Chef verlangt vom Mitarbeiter, 24 Stunden "stand by" zu sein. Ohne triftigen Grund.

Disconnectedness oder die neue Unverbindlichkeit bei Terminen

Immer mehr Menschen leiden darunter, dass Verabredungen jeder Art – ob geschäftlich oder privat – immer unverbindlicher zu werden scheinen. Beispielsweise wird 20 Minuten vor einem seit Wochen feststehenden Termin abgesagt. Oder der Chef verlangt vom Mitarbeiter, 24 Stunden "stand by" zu sein. Ohne triftigen Grund.

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Immer mehr Menschen leiden darunter, dass Verabredungen jeder Art – ob geschäftlich oder privat – immer unverbindlicher zu werden scheinen. Beispielsweise wird 20 Minuten vor einem seit Wochen feststehenden Termin abgesagt. Oder der Chef verlangt vom Mitarbeiter, 24 Stunden "stand by" zu sein. Ohne triftigen Grund. Die Urlaubsbuchung des Mitarbeiters muss storniert werden, kurz darauf wird der "wichtige" Termin wieder abgesagt, die Urlaubsreise mit Familie ist aber inzwischen ausgebucht und nun wird der Urlaub ganz gestrichen.

Für Seminaranbieter wird es langsam schwierig Hotels zu buchen, weil das Stornorisiko niemand mehr eingehen will. Entweder melden sich einen Tag vor Beginn plötzlich vier neue Teilnehmer an oder es wird zwei Tage vorher abgesagt. Aber nicht wegen einer Naturkatastrophe oder wegen Krankheit. Nein, weil die Planung es nicht anders zugelassen hat. Ein Paketzustelldienst gibt ohne Vorwarnung bekannt, dass seine Liefertreue um 24 Stunden "verlängert" wird. Zum Schaden der Buchhandlung, die gerade einen größeren Posten nur deshalb verkaufen konnte, weil sie einem Auftraggeber unter Zeitdruck eine pünktliche Lieferung zugesagt hatte.

Arbeitsverträge schrumpfen schon im Normalfall auf befristete Verträge von 1-2 Jahren zusammen. Davon können Zeitarbeiter wiederum nur träumen. "Nach ganz fest kommt ganz lose!" sagt der Segler gerne, um seine teuren Beschläge oder das laufende Gut zu schützen. Auf einem Segler muss immer alles "deutlich vor der Bruchlast" eingestellt sein, damit nichts kaputt geht, was wiederum lebensgefährlich wäre. Zieht man die Dinge zu fest, brechen sie in der Regel irgendwann, dann sind sie "lose". Zu Deutsch: kaputt.

Selbst unter guten Freunden werden Zusagen Minuten vor einem Ereignis abgesagt, sodass andere nicht mehr nachrücken können, die seit Wochen drauf warten, einen Platz zu bekommen.

"Komm ich heut nicht, komm ich morgen!" Wird das gar nicht mehr als "vage" oder "unzuverlässig" gesehen, sondern als persönliche Entscheidungs"freiheit" missverstanden?

Auf diese Art der Freiheit folgt Einsamkeit

Hat hier womöglich eine ganze Gesellschaft den Freiheitsbegriff falsch interpretiert? Nach einer kurzen Phase des "Ich werde wohl alt, und früher war alles anders…!" hat der intensive Austausch mit Kollegen und Freunden bei mir zu der Einsicht geführt, dass es sich nicht um ein Phänomen des "Früher war alles besser!" handelt, sondern eine sich ausbreitende Unverbindlichkeits-Plage.

Denn auf diese Art der Freiheit folgt Einsamkeit und schließlich Handlungsunfähigkeit. Eine Form der sozialen Degeneration, wie ich meine. Auch könnte man sagen: einer gefährlichen Dekadenz.

Prof. Lippman beklagt zurecht in seinem Buch "Identität im Zeitalter des Chamäleons", dass uns die Institutionen, die uns früher durch das Jahr oder sogar durch das ganze Leben geleitet haben, wie Kirchen, regionale Bräuche etc. pp. zunehmend verlorenen gegangen sind. Wir haben erstens gesellschaftliche Zwänge abgelegt wie alte Jacken und das ist auch gut so.

Für den Einzelnen wird es trotz laufend steigendem Angebot dennoch immer schwieriger, seine Identität zu finden, sich also mit irgendetwas so zu identifizieren, dass es zu einer sinngebenden Instanz im eigenen Leben wird. In dieser Flut von Informationen wird es allmählich schwierig, so etwas wie Zugehörigkeit zu empfinden. Hier wird Individualität langsam zur Orientierungslosigkeit. Doch Zugehörigkeit ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wir brauchen unsere sozialen Netzwerke, unsere Community!

Freizeit ist nicht länger freie Zeit

Wir sind zwar alle mehr oder weniger gut beschäftigt. Ausgebucht im Beruf und ausgebucht in der "Freizeit". So sehr, dass von freier Zeit oft keine Rede mehr sein kann. Ein Bekannter von mir empfand bereits die komplette Durchstrukturierung seiner "Freizeit" mithilfe von Outlook als fundamentalen Fortschritt auf dem Weg zu einer befriedigenden Life-Work-Balance. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er in den letzten Wochen, seitdem er nun 24 Stunden pro Tag durchgetaktet ist, gerade eben nicht irgendwie zufriedener oder ausgeglichener wirkt. Er befindet aber: Ich kann ja jederzeit wieder absagen, das sind doch nur Optionen!

Im Grunde ist er am Ursprung des Problems angelangt: Er kann für sich nur noch "freie Zeit" für Erholungszwecke reklamieren, indem er anderen gegenüber unzuverlässig wird oder sich selbst immer wieder einen Strich durch die eigene Planung macht.

Womöglich hätte er dann Zeit, tatsächlich wieder ohne Plan und Vorstrukturierung (was für eine schöne Vorstellung!) auf dem Sofa zu sitzen und Musik zu hören. Nicht, weil es Dienstag 18.45 Uhr ist, sondern weil er Lust dazu hat. Oder mit seinen Freunden live in einer Kneipe Doppelkopf zu spielen und das nicht am Laptop zu tun oder mit einer App, während er "simst", in der Bundesbahn sitzt und ein Fernstudium in Psychologie absolviert, um endlich zu sich zu kommen.

Wie erleben Sie "Verbindlichkeit" oder eben "Unverbindlichkeit" heute?!

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Alle Kommentare (19)

Guest

Volltreffer! Sie haben in Worte gefasst, was ich schon seit längerer Zeit beobachte und missbillige. Ich stelle, nicht zuletzt auch im Freizeitbereich fest, dass Zu- oder Absagen zu einer Einladung sehr kurzfristig erfolgen, weil man bis zur letzten Sekunde abwarten will, ob sich nicht noch eine bessere Option ergeben würde.

 

Guest

Lieber Aldo Cavegn! Und genau damit ist es nämlich plötzlich kein Problem mehr von Terminen oder deren Einhaltung, sondern dieses "Problem" macht sprunghaft Karriere: Es ist jetzt ein Problem der Missachtung, der Herablassung geworden, was stabile Beziehungen extrem gefährdet, die aber wiederum für Politik und Wirtschaft - mal ganz allgemein gesprochen - essentiell wichtig sind! Im Kleinen wie im Großen. Tun wir etwas dagegen! Detlef Scher

 

Guest

Ich sehe hier zwei Gründe für dieses verhalten: 1. Man will sich alle Optionen offen halten, um dann spontan eine auswählen zu können. 2. Nicht nein sagen können und sich dann kurzfristig mit lauen Ausreden zu entschuldigen. Beides bedeutet für mich mangelnde Wertschätzung des anderen. Man stellt seine eigenen Bedürfnisse über die der anderen. Dieses kurzsichtige Verhalten bringt mehr Stress in das eigene und auch in das andere Leben.

 

Guest

Antwort auf von Gast (nicht überprüft)

Genauso sehe ich das auch, Frau Berleb! Ich habe allerdings einige Coaching-Kunden in der letzten Zeit gehabt, die das ganz anders sehen. Sie sagen, dass sei schließlich ihre Freiheit zu entscheiden, und das müsste man respektieren! Es ist für sie schwer nachzuvollziehen, dass diese Freiheit ja gar nicht angezweifelt wird. Aber wenn man mal die Freiheitsdefinition nimmt, nach der die Freiheit des einzelnen dort aufhört, wo die des anderen anfängt, dann sind wir schon wieder beim Thema. Mit MEINER Unverbindlichkeit schränke ich den anderen ein in dessen Möglichkeit, sich auf etwas einzustellen, das ich möglicherweise in letzter Minute verändern werde, ganz erheblich ein. Also bitte keine Halbentscheidungen, die keine sind, sondern klare Entscheidungen, die auch akzeptiert werden können! Detlef Scheer

 

"Ich habe allerdings einige Coaching-Kunden in der letzten Zeit gehabt, die das ganz anders sehen. Sie sagen, dass sei schließlich ihre Freiheit zu entscheiden, und das müsste man respektieren!" Dann würde ich das so machen, wie ich es vom Zahnarzt, Physioterminen usw. kenne. Wenn ich meinen Termin so kurzfristig absage, muss ich leider den Termin trotzdem bezahlen, obwohl ich ihn nicht wahrnehme. Pech gehabt!

 

Guest

Antwort auf von Gast (nicht überprüft)

Liebe Frau Berleb! Ich als Coach mache das auch jetzt seit Kurzem so, obwohl es mir immer noch innerlich widerstrebt, eine nicht erbrachte Dienstleistung zu berechnen. Bei meinen Kunden war eher das Problem, dass sie nicht verstanden haben, dass sie sich mit diesem Verhalten bei ihren Chefs, ihren Kunden, ihren Ehe- und Geschäftspartnern unmöglich machen. Detlef Scheer

 

Guest

Soziale Degeneration ist die treffende Kernaussage ihres Artikels. Ich finde, das hat grundsätzlich mit Wertschätzung zu meinen Mitmenschen und mit persönlicher Disziplin (igitt was für ein Unwort!) zu tun, ob ich Termine, die ich zugesagt habe, beruflich wie privat, einhalte oder nicht. Wenn mir ein Kollege 3 mal einen Termin absagt, in dem es um Austausch zu aktuellen Projektthemen geht (ich arbeite projektübergreifend), weil grad die Brotzeit kommt(!) oder weil er zeitgleich eine wichtige Telco als Serientermin eingetragen hat (die aber regelmäßig ausfällt...), dann frage ich ihn, was für ihn wichtiger ist und teile ihm mit, wie ich das finde - als eben nicht wertschätzend. Leider ist das vielen Kollegen egal. Dass gelegentlich Termine entfallen, kommt vor (3 von 4 Kollegen auf Dienstreise/Urlaub/Fortbildung...o.ä.), dann sage ich den Termin (und den Besprechungsraum!) ab... Und im privaten Umfeld wundern sich manche Leute, daß ich mich nicht mehr mit Ihnen treffen will, wenn sie mir 15min vor Termin mitteilen, daß sie grad nicht können - wo ich 15km mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt gefahren bin... Einsam macht das die Dauer-Absager/-Appointmentmover, ich treffe neue Leute. Noch ein Tipp für private wie berufliche Meetings - bitten, das Smartphone auszuschalten und in Handtasche/Hosentasche zu lassen - funktioniert meistens, wenn auch erstmal ungläubige Blicke/Fragen da sein können. Wertschätzen Sie sich selbst (hat nicht mit Egoismus/Narzissmus) zu tun). Beziehungen/Teams funktionieren nur im wertschätzenden Miteinander, nicht durch Beliebigkeit.

 

Guest

Danke, Frau Fro, für den Beitrag! Disziplin ist nicht altmodisch, Handy in der Tasche lassen ein guter Tipp, wenn deren Benutzung bereits Suchtcharakter angenommen hat. Und mir besonders wichtig, denn Sie haben Recht: Wer sich selbst in der Lage ist wertzuschätzen, der hat auch bei anderen keine Probleme! Detlef Scheer

 

Guest

Der Artikel stimmt mich nachdenklich, weil Unverbindlichkeit und kurzfristige Entscheidungen zum Riesenthema werden, wenn Verbindlichkeit gebraucht wird. Damit meine ich die Menschen, die Familie und Kinder haben. Kinder benötigen eine sehr hohe Verbindlichkeit und eine Familie ist manchmal etwa so beweglich wie ein Supertanker. Stossen da Welten aufeinander? Berufstägige Eltern können nicht mithalten bei der kurzfristigen Wahl der Optionen, bei der 24h-Standby-Verfügbarkeit für Vorgesetzte. Spaltet sich hier die Gesellschaft? Was wollen wir vorleben?

 

Guest

Liebe Frau Bongard! Ich würde nicht das unmittelbar bevorstehende Auseinanderbrechen der Gesellschaft erwarten. Aber die Tendenz, alles nur noch nach der "Organisierbarkeit" zu priorisieren und zu fordern, ist vorhanden und richtet Schaden an. Bestimmte Dinge werden einfach nicht in Frage gestellt. Wie z.B. ein unbedingtes "Muss" in der Verfügbarkeit. Das ist nicht an der Tagesordnung, aber in Alltagsgesprächen machen Kollegen und ich immer häufiger die Erfahrung, dass beispielsweise Arbeit überhaupt nicht mehr hinterfragt wird, und es nur noch darum geht, dass der Mensch zur Arbeit passt und nicht umgekehrt. Gepaart mit dem Motto: "Was geht, muss aus realisiert werden!", bleibt der Mensch als freier Entscheider ein weiteres Mal auf der freien und einsamen Strecke. Detlef Scheer

 

Guest

Der Artikel trifft. Erschreckend genau! In vielen der obigen Antworten finde ich mich auch. Besonders meine Tochter... Leider erlebe ich das als PL auch immer mehr beruflich. Beispiel: Termine mit einer Gruppe unterschiedlicher Stakeholder zu finden ist eine Tagesaufgabe. Also werden auf lange Sicht vorsichtshalber solche in Serie "mal provisorisch reserviert" - inkl. Sitzungszimmer natürlich, denn solche sind ja auch nie frei, wenn man sie benötigt. Alle reservieren nämlich vorsichtshalber mal Sitzungszimmer. Werden solche Termine dann kurzfristig doch nicht gebraucht (wir sind ja modern und arbeiten agil), wird das Ganze sehr schnell immer unverbindlicher. Der übernächste provisorische Termin, der dann doch benötigt wird, erhält plötzlich viele Absagen: "Ja, da habe ich inzwischen schon was anderes eingeplant". Eine der grössten Schwierigkeiten meines PL-Daseins ist heute so etwas Triviales wie das Finden von (verbindlichen) gemeinsamen Terminen (und Sitzungszimmern)!

 

Guest

Ja was sollen die Leute denn machen? Man hat doch im Smartphone die ganze Welt zur Auswahl. Die armen Kids (und Yuppies) leben heute doch in einem derartigen Überangebot an Reizen und Möglichkeiten, da wird es halt sehr stressig, wenn man nichts verpassen will. Und manchmal ergeben sich im letzten Moment noch zusätzliche Opportunities oder Vorteile, die eine Alternative vorzüglicher als die eingegangene Verabredung machen. Für mich ist das ein Phänomen des seit den 68ern gepredigten Individualismus und Egoismus. Selbstverwirklichung wird dann schnell, wie vom Autor geschrieben, zur Einsamkeit und zum Stress. Werteorientierung oder ein gefestigtes, eigenes Zielsystem sind nicht mehr in Mode. Keine Prioritäten zu setzen ist nicht unhöflich sondern primär orientierungslos. Solche Leute kann ich in meinem Arbeitsumfeld nicht gebrauchen. Aber wer kein Ziel hat, kann es nicht erreichen. Es wird sich also von selbst regulieren (Einsicht?!?) oder auflösen (indem unsere omnipotente "heile Welt" in die Brüche geht). Weil ich für mich Ziele habe, werde ich mich auch darauf einstellen können. Beste Grüße Henning Zeumer

 

Michael
Stinn

Sowohl privat als auch beruflich genau das Phänomen, dass ich - nach subjektiver Einschätzung - seit flächendeckender Verbreitung von Smartphones im Freundes- und Kollegenkreis beobachte. Aus meiner Sicht hat dies drei Ursachen: - Durch überwältigende Informationsflut sind wir alle stark mit Themen "Selbstorganisation und Zeitmanagement" beschäftigt und vergessen dabei, das Organisatoren von Terminen einen hohen Aufwand haben für "Fremdorganisation und Multizeitmanagement" - Durch permanente Verfügbarkeit von Informationen und potentiellen Alternativen versucht jeder "nichts zu verpassen" und sich kurzfristig das Beste auszusuchen - Wir leben im Überfluss und verlieren nach und nach die Wertschätzung und Respekt für das Verhalten und Leistungen anderer (zeigt sich z.B. auch als "fehlende Rücksichtnahme" im Strassenverkehr). Was mir persönlich aber fehlt, ist eine Lösung für das Problem. Klar, mit Regeln in Meetings (und leider mittlerweile auch schon bei Abenden mit Freunden) wie "keine Handys erlaubt", erreichen wir mehr Konzentration auf das Thema der Stunde. Aber das verhindert leider nicht, dass Termine kurzfristig abgesagt, geändert oder verschoben werden. Wer hier weiter reichende Ideen hat, möge diese gerne teilen:-)

 

Guest

Die Beitraege sind alle sehr interessant und auch in vielen Punkten richtig. Ich glaube auch dass eine kurzfristige oder gar keine Absagen von Terminen sehr viel mit sozialer Kompetenz (Altmodisch gesagt: Respekt und Hoefflichkeit) zu tun haben. Natuerlich hat jeder das Recht auf seine Freiheit. Allerdings, was bedeutet es fuer mich? Ich sehe jemanden der unzuverlaessig ist. Das Problem ist nicht die Absage, sondern das nicht einhalten einer Zusage. So etwas wie keine Zeit haben, gibt es nicht. Es bedeutet eldiglich dass jemand andere Prioritaeten hat. Ich habe nur Zeit fuer entweder das eine oder das andere.- Ich verbringe meine Zeit entsprechend meiner Prioritaeten. Hier ein weiterer Gedanke: Freiheit an sich gibt es nicht, es existiert nur die Freihait von etwas. Wenn ich mich, wie hier erwaehnt, meine kurzfristige Absage mit meiner Freiheit begruende, dann ist die berechtigte Frage: Freiheit von Verpflichtungen?

 

Guest

Liebe Kommentatoren! Ich freue mich einerseits, dass Sie so zahlreiche Kommentare schreiben und irgendwie hat jeder von Ihnen Recht! Wir leben in der Diktatur des ständigen Erreichbarseins, der Reizüberflutung und dem dringenden Bedürfnis, uns selbst zu dokumentieren, Selbstwirksamkeit zu erleben und das tun viele dann mit Absagen und dem, was man früher Wichtigtuerei genannt hätt, was aber, da haben Sie auch Recht, eigentlich Respektlosigkeit ist. Und außerdem auf Dauer nach hinten losgeht: Es schwächt eher das Selbstbewusstsein als dass es dies stärkt! Vor allem aber ist es eins: Hilflosigkeit! Ich erleben immer häufiger, dass auch Menschen, die offensichtlich nichts zu tun haben, in operativer Hektik untergehen. Und ja: Wer weiß einen Ausweg aus der Misere? Vielleicht hat unser "National-Udo" (Herr Lindenberg) Recht. Er sagt ja: "Leute, es geht nicht ums Aussteigen, es geht ums Einsteigen!" Wie will auch jemand, der noch nie im Leben gearbeitet hat wie viele meiner jetzigen Kunden (Abitur mit 17, Note 1,...; kein Bund, kein Zivildienst, keine Ferienjobs, denn "meine Eltern haben genug Geld!") jemals die Erfahrungen gesammelt haben, die nötig wären, um für sich selbst klare, verfolgbare, auch wieder änderbare, berufliche Ziele zu setzen. Was nicht heißen soll, dass das früher ideal gewesen wäre. Aber ohne jede Erfahrung auf dem Gebiet habe ich auch keine Erfahrung in puncto Zuverlässigkeit, beispielsweise. Also könnte man sagen: Erlaubt Euren Kindern Erfahrungen machen zu können, die zu einem Gefühl der Selbstwirksamkeit überhaupt erst führen können! Wäre das ein Weg? einer von vielen?

 

Guest

Ich nenne dass auch gerne" Die Unplanbarkeit des Planbaren". Die "moderne" Technik (Wobei man Outlook nun wirklich nicht mehr als visionäres Tool bezeichnen kann) gibt uns alle Möglichkeiten im beruflichen Umfeld die Termine an die "Kalender" der beteiligten anzupassen. Jedoch nimmt das "high-jacken" vorhandener Termine immer mehr zu. Begründungen sind häufig: "Hoch Prior oder kann nicht warten". Dabei geht der Einladende immer davon aus, dass Sein Thema das wichtigere ist ohne den bereits bestehenden Termin überhaupt zu kennen. Lehnt man dann dementsprechend ab, wird "eskaliert" und die Teilnahme erzwungen was wiederum einen selber in Zugzwang bzgl. des nun zu verschiebenden eigenen Termins. Und um dem ganzen dann eine Krone aufzusetzen, stellt man im Zuge des „priorisierten“ Termins fest, dass dieser weder die zwingende eigene Anwesenheit erfordert hätte noch eine wirklich so hohe Dringlichkeit im Gesamtkontext hatte (Außer natürlich der Erledigung eines Arbeitspunktes des Einladenden). Es geht teilweise soweit, dass man sich normale Zeiten wie Mittagessen oder Feierabend ab 19:00 Uhr im Kalender einplanen muss damit nicht noch eben mal eine Einladung reinkommt. Auch die Häufigkeit solcher „Meetings“ nimmt in den letzten Jahren teilweise exponentiell zu und die eigentliche Arbeit tritt demgegenüber in den Hintergrund (oder eben in die Abendstunden oder ins Wochenende). Aus dem Grundsatz: „Tue Gutes und rede darüber“ wurde mittlerweile „Rede darüber was zu tun ist und hoffe es tut sich was“. Und damit es nicht genug ist, hat dieses Phänomen auch mittlerweile im privaten Bereich Einzug gehalten. Terminfindung via Doodle und Terminabstimmungen via Whats App oder Facebook bei seit Jahren festen Terminen (Jede Woche Donnerstags um 20:00 Uhr Stammtisch). So muss nun abschließen, da gerade die Erinnerung eines Serientermins gekommen ist bzgl. eines hoch Prioren, nicht verschiebbaren und zum Gesamterfolg essentiellen Themas: MITTAGPAUSE 

 

Guest

Lieber Matthias! So trifft man sich also wieder, kaum, dass man sich verabschiedet hat! Ich hoffe mal, dass Dein Termin nicht ge"high-jacked" wurde! Und dass wenigstens noch "communicakes" gab ... Das Hijacken oder wie immer man es schreiben müsste ist ein zusätzliches Phänomen. Danke! In diesem Zusammenhang fällt mir ein Buch ein, dass ich gerade geschickt bekam, und dass schon auf den ersten Seiten extrem interessant und provokativ daherkommt. Vom Unternehmensberater und Vordenker Lars Vollmer (das lasse ich so stehen, ich kenne ihn!): Das Werk heißt "Zurück an die Arbeit! Wie aus Business-Theatern wieder echte Unternehmen werden. Gerade eben im Linde-Verlag erschienen. Habe am Wochenende nur die ersten 40 Seiten geschafft und bin schon mittendrin. Eine schöne, provokative Abrechnung mit cummunicakes und Co. Bestimmt etwas für Dich! Schöne Grüße, Detlef (Scheer)

 

Guest

Schön, dass diese Unverbindlichkeit bei Terminen zum Thema gemacht wird. Beruflich kenne ich das nicht - ich bin selbständig und muss meine Termine einhalten, um meine Kunden nicht zu vergraulen. Privat bin ich auch nicht so - wenn ich eine Einladung bekomme, sage ich entweder zu oder ab - und ich halte meine Zusagen ein, außer in solchen Ausnahmefällen wie plötzliche Erkrankung. Aber in meinem Bekanntenkreis grassiert diese Unverbindlichkeit leider immer mehr. Mein Mann und ich haben es schon öfter erlebt, wenn wir zu Feiern eingeladen haben. Erst kamen Zusagen, dann kurz vor der Deadline kam eine Email "Weiß nicht, ob ich komme, ich schaue mal, ob ich es einrichten kann" und dann eine Stunde vor der Einladung, als wir schon alles vorbereitet hatten "Sorry, es klappt doch nicht". Deswegen haben wir unseren Bekanntenkreis schon ausgemistet, aber bei denen, die geblieben sind, geht das jetzt auch schon los. Was sollen wir machen? Uns von allen Freunden lossagen?

 

Guest

Liebe Conni! Nein, natürlich nicht von allen Freunden lossagen! Hilfreich kann sein, dass man das Thema einfach mal aufgreift, in einer Situation, die dieses erlaubt. Beim Doppelkopf, bei einer Fete oder oder oder: "Geht Euch das eigentlich auch so auf den Senkel, dass die Unverbindlichkeit oder sagen wir Unzuverlässigkeit immer schlimmer wird? ..." sobald ein Gespräch darüber entsteht, sinkt die Wahrscheinlichkeit in diesem Kreis, dass sich ähnliche Phänomene hartnäckig wiederholen. Natürlich gibt es dafür keine Garantie. Aber ich habe wiederholt die Erfahrung gemacht, dass die beteiligten Menschen überhaupt nicht mehr wahrnehmen, dass solch ein Verhalten jemanden stören, ja sogar erheblich verletzen kann. Ganz anders sieht das nämlich meist aus, wenn es dieselben Leute selber trifft. Ich wünsche Ihnen einen stabilen, guten Freundeskreis mit einer verbindlichen Kommunikation! Detlef Scheer