Das Utopie-Syndrom – Garant für das Scheitern
Früher wurde bei neuen Vorhaben nebenbei vor sich hin gewurstelt, ich erinnere mich noch. In den 90ern kam es dann zunehmend in Mode, Projektleiter zu beauftragen. "Brauchen wir die denn? Die kosten doch obendrauf!" Oh, man arbeitete damals oft so sehr "spontan flexibel", dass sich ein Projektleiter allemal auszahlte! Das wurde so evident, dass nun bald alle Vorhaben zu einem Projekt wurden, das gemanagt werden musste. Alles gut!
Der Erfolg des Projektmanagements stieg dann wohl allen zu Kopf.
Das Utopie-Syndrom – Garant für das Scheitern
Früher wurde bei neuen Vorhaben nebenbei vor sich hin gewurstelt, ich erinnere mich noch. In den 90ern kam es dann zunehmend in Mode, Projektleiter zu beauftragen. "Brauchen wir die denn? Die kosten doch obendrauf!" Oh, man arbeitete damals oft so sehr "spontan flexibel", dass sich ein Projektleiter allemal auszahlte! Das wurde so evident, dass nun bald alle Vorhaben zu einem Projekt wurden, das gemanagt werden musste. Alles gut!
Der Erfolg des Projektmanagements stieg dann wohl allen zu Kopf.
Früher wurde bei neuen Vorhaben nebenbei vor sich hin gewurstelt, ich erinnere mich noch. In den 90ern kam es dann zunehmend in Mode, Projektleiter zu beauftragen. "Brauchen wir die denn? Die kosten doch obendrauf!" Oh, man arbeitete damals oft so sehr "spontan flexibel", dass sich ein Projektleiter allemal auszahlte! Das wurde so evident, dass nun bald alle Vorhaben zu einem Projekt wurden, das gemanagt werden musste. Alles gut!
Der Erfolg des Projektmanagements stieg dann wohl allen zu Kopf. Top-Manager schlossen daraus, dass sie mit einem effektiven Projektmanagement die Nummer 1 der Welt werden könnten. "Wir müssen schneller werden, effizienter sowieso, wir schaffen das Unmögliche – und zwar jedes verdammte Jahr neu, weil wir nachhaltig doppelt so schnell wie der Markt wachsen werden."
In der Psychologie nennt man es Utopie-Syndrom: Man nimmt sich etwas Unmögliches fest vor und versucht es mit allen Mitteln – nur dass alle Gedanken über die Erreichbarkeit des Ziels unter strengstem Tabu stehen. Man schult Mitarbeiter und Management ständig per Tschakka-Tschakka-Kick-off, sich für Unmögliches zu begeistern, wofür sich jede Extrameile lohne.
Prinzip Hoffnung
Infolge dieser Entwicklung ist es üblich geworden, Projekte äußerst ehrgeizig zu planen, was Zeit und Geld betrifft – und richtig gute Leute sind nun einmal rar. Schließlich soll ein satter Gewinn herausspringen, und der vom Kunden herausgepresste Superrabatt muss auch noch irgendwie wieder reinkommen. So beginnen Projekte mit einem Ziel, das sich nicht erreichen lässt – worüber man aber keinesfalls reden darf: Tabu! Utopie-Syndrom!
Wer das Ziel nicht schafft, verbrät zuerst das "contingency budget" und versucht es parallel mit Überstunden und danach mit Kompromissen in der Qualität der Ergebnisse. Das merken die nun misstrauischen Kunden und setzen ein verschärftes Qualitätsmanagement auf, was sehr viele Kommunikationsressourcen frisst und das Projekt vollends in eine Krise lenkt. Die Utopie entfernt sich. Die Projektmitarbeiter werten das Misstrauen gegenüber ihrer Utopie als Feindschaft. Sie werden offensichtlich behindert und sabotiert.
Die Abwärts- oder Todesspirale dreht sich immer schneller: Das drohende Verfehlen des Ziels erfordert immer mehr Management, Entschuldigungsmeetings, Status-Reviews und Nervenkraft. Kein Glanz mehr in keinem Auge. Dadurch entsteht immer mehr Zusatzarbeit, die im Projekt nicht eingeplant war. Termine verzögern sich, weil die Arbeit immer wieder unterbrochen werden muss, um PowerPoints zu schnitzen. Druck und Gegendruck verstärken sich gegenseitig, die reale Arbeitszeit nimmt ab. Man holt Berater, die das gegen viel Geld feststellen. Sie schlagen bessere Methoden, mehr Disziplin und das Senken der Boni vor, sodass die Motivation wieder ansteigt. "Man könnte auch den Druck auf das Team erhöhen, damit es wesentlich agiler wird."
Wenn etwas Unmögliches versucht wird, muss es irgendwo Friktionen geben. Die führen zu Interessenkonflikten, Zusatzarbeit und immer mehr Chaos. Das Projekt wird also am sehr verspäteten Ende sehr viel teurer, als wenn es realistisch geplant worden wäre, weil es dann all diese Zusatzarbeit nicht gegeben hätte.
Das Ende der Utopie!?
Endlich! Fertig! Schlusspräsentation. Der Druck ist weg. Nun ist nur noch der "Lessons-learned-Workshop" obligatorisch vorgeschrieben. Warum lief es nicht so gut? Es war das Utopie-Syndrom, das sehen alle, nun wo das Tabu nicht mehr im Raum schwebt.
"Die Probleme waren vorprogrammiert." Sic. "Wir haben daher keine Schuld an den Problemen, wir hatten zu wenige Ressourcen. Das haben wir auch oft gesagt. Wir sollten lernen, auf realistischen Plänen zu beharren. Ist das der allgemeine Konsens hier? Dann protokolliere ich das so für den Abschlussbericht. Noch etwas? Sie da hinten?" –
"Nein, nein, ich würde mich nur gerne ausklinken, weil mein neues Projekt zu spät begonnen wurde und die Chefs es trotzdem vor Jahresende grob auf PowerPoints fertig haben wollen, weil sie das persönlich weiterbrächte." –
"Aber das ist doch wieder so dumm!" –
"Ach, es ist nicht so schlimm wie sonst. Man muss das Positive sehen. So schlecht sind wir ja wieder nicht. Man sollte nicht alles schlechtreden. Damit ist keinem gedient. Stress kann auch positiv erlebt werden. Es ist alles eine Einstellungssache. Erfolg ist im Wesentlichen 'attitude'. Man muss fest daran glauben, sonst hat es gar keinen Sinn, das Ganze. Wir wollen die Nummer 1 sein. Das fasziniert jeden." –
"Hey, was reden Sie da?" –
"Ach, sorry, ich war in Gedanken schon in meinem nächsten Projekt."
Andreas Urban
04.12.2015
Ursula Ringwald
06.12.2015
Rolf Winterscheidt
07.12.2015
Henning Zeumer
07.12.2015
Carsten Barthel
08.12.2015
Thomas Walenta
22.04.2016