Interview mit Dr. Erik Lenhard – Leiter der agilen Praxisgruppe der Boston Consulting Group in Europa KI und agile Arbeit: Chancen und Risiken von ChatGPT & Co

KI und agile Arbeit: Chancen und Risiken von ChatGPT & Co

Möglichkeiten und Grenzen von KI: Dr. Erik Lenhard, Experte für KI und agile Arbeit, verrät im projektmagazin-Interview, in welchen Bereichen künstliche Intelligenz heute schon den Arbeitsalltag erleichtert und wo sie aktuell sogar noch schaden kann.

Management Summary

Interview mit Dr. Erik Lenhard – Leiter der agilen Praxisgruppe der Boston Consulting Group in Europa KI und agile Arbeit: Chancen und Risiken von ChatGPT & Co

KI und agile Arbeit: Chancen und Risiken von ChatGPT & Co

Möglichkeiten und Grenzen von KI: Dr. Erik Lenhard, Experte für KI und agile Arbeit, verrät im projektmagazin-Interview, in welchen Bereichen künstliche Intelligenz heute schon den Arbeitsalltag erleichtert und wo sie aktuell sogar noch schaden kann.

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Dr. Erik Lenhard Dr. Erik Lenhard ist Partner und Associate Director bei der Boston Consulting Group (BCG) im Münchener Büro. Er ist ein Kernmitglied der Praxisgruppen Technology Advantage sowie People und Organization bei BCG. Lenhard leitet die agile Expertengruppe von BCG in Europa und ist Teil des weltweiten Führungsteams für Enterprise Agilität und Plattform Organisationen.

Er hat umfangreiche Erfahrung in der agilen Softwareentwicklung und im Organisationsdesign gesammelt und hat über 50 Projekte im Bereich der agilen Transformation begleitet. Als zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach bringt er tiefgehendes Wissen und praktische Erfahrungen in der Anwendung agiler Methoden in verschiedenen Organisationen mit. Er unterstützt Unternehmen bei der Skalierung agiler Praktiken und fördert ihre organisatorische Agilität. Seit 2023 leitet er ein internes Team zum Thema Agilität und generative KI.

Bevor er zu BCG kam, arbeitete er bei Kabel Deutschland und Solon Management Consulting. Lenhard hat an der Technischen Universität Darmstadt und in London studiert und promoviert.

 

KI ist aktuell vermutlich das größte Buzzword überhaupt. Ist die künstliche Intelligenz nun der Heilsbringer für all unsere beruflichen Probleme oder doch nur eine überbewertete Technikspielerei? Überschätzen oder unterschätzen wir den Einfluss von KI auf die Arbeitswelt?

Ich persönlich glaube, KI ist nicht der Heilsbringer für alle unsere Probleme. Sie ist aber auch kein Hype, den man in einem Jahr wieder vergisst. Was wir jetzt sehen, ist, dass sich der Raum der Fähigkeiten von künstlicher Intelligenz durch Generative KI erweitert hat, weg von eher prädiktiven und analytischen Aufgaben hin zur Generierung von Text, Sprache und Videos. In Zukunft werden sich meiner Meinung nach dieser generative Bereich und unsere Arbeitsbereiche stärker verzahnen. Das heißt, die KI wird nicht nur Analysen machen oder uns gestützt durch Prompts Ergebnisse liefern, sondern sie wird das zusammen mit uns tun. Das wird ganz neue Anwendungsfälle in sehr vielen Branchen bringen, die je nach Industrie und Segment sehr spezifisch sein werden. Ich glaube, es wäre aber übertrieben, zu sagen, dass KI den einen Impact in allen Branchen, Funktionen und Unternehmen haben wird. Ich ziehe zum Vergleich immer gern das Internet heran. Das hat auch unheimlich viele Veränderungen in Unternehmensprozessen aller Branchen gebracht, aber in sehr unterschiedlichem Ausmaß: Je nachdem, ob man von einem Arzt, einem Handwerksbetrieb oder einem großen Industriegüterbetrieb spricht.


KI ist nicht der Heilsbringer für all unsere Probleme, aber auch kein Hype, den man in einem Jahr wieder vergisst.

Prädiktive vs. Generative KI

Prädiktive KI: Prädiktive KI wird genutzt, um auf Basis historischer Daten Vorhersagen über zukünftige Ereignisse zu treffen. Sie analysiert große Mengen vorhandener Daten und erlernt dabei Muster, Korrelationen und Trends. Mithilfe von Algorithmen wie maschinellem Lernen oder statistischen Modellen schätzt sie Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Entwicklungen. So lassen sich etwa Vorhersagen zu Aktienkursen oder Wetterprognosen erstellen. Prädiktive KI schafft dabei keine neuen Informationen, sondern verwendet lediglich vorhandene Daten, um Muster zu erkennen und diese auf zukünftige Szenarien anzuwenden.

Generative KI: Generative KI hat die Fähigkeit, völlig neue Daten oder Inhalte zu erstellen, die nicht in den ursprünglichen Trainingsdaten enthalten sind. Sie erzeugt originelle Texte, Bilder, Musik oder sogar Videos. Diese KI kann aus einem Trainingsset lernen, ohne dabei nur zu wiederholen, was sie bereits gesehen hat. Stattdessen "fantasiert" sie gewissermaßen neue Inhalte, indem sie bestehende Informationen neu kombiniert und erweitert.

Sie haben mit BCG eine umfassende Studie zum Thema KI durchgeführt und dabei auch verschiedene Arbeitsfelder untersucht. Können Sie die Ergebnisse für unsere Lesenden zusammenfassen?

Das Spannende an der Studie war, dass es wirklich eine empirische Studie war. Im Gegensatz zu vielen anderen Studien sind wir ergebnisoffen an den Impact von KI herangegangen. Dafür haben wir ca. 800 Berater:innen in Gruppen eingeteilt und sie verschiedene Aufgabentypen mit und ohne KI-Unterstützung sowie mit und ohne KI-Training lösen lassen. Dabei hat sich gezeigt, dass KI bei unterschiedlichen Aufgabentypen unterschiedlich gut funktioniert. Am effektivsten unterstützte sie die Studienteilnehmenden bei kreativen Aufgaben – also bei Produktinnovationen, beim Ideen generieren, Prototypen konzipieren, Testfälle erarbeiten oder dabei, Marketingideen zu entwickeln. Da hat die KI sehr gute Ergebnisse geliefert. In einem anderen Bereich, den wir "Business Problemlösungen" genannt haben – also Finanzanalysen machen, Interviews auswerten, Produkt- und Prozessstrategien entwickeln – hat die KI sehr schlecht abgeschnitten. Da ist die Grenze der Fähigkeiten noch nicht erreicht. Besonders spannend war, dass sich dieser negative Effekt sehr klar gezeigt hat, also statistisch sehr signifikant war.

Der Versuchsaufbau der von BCG durchgeführten Studie.
Bild 1: Der Versuchsaufbau der von BCG durchgeführten Studie (© Boston Consulting Group)

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