Selbstorganisierte Teams Vom richtigen Umgang mit vermeintlichen Drückebergern

Ich mache meine Arbeit gut, aber die anderen … Wenn Ihnen dieser Satz schon mal durch den Kopf gegangen ist, dann denken Sie wie der Großteil der Bevölkerung. Doch Vorsicht: Nur die wenigsten Mitarbeiter arbeiten absichtlich weniger oder schlechter als sie könnten. Wie Sie echte von vermeintlicher Minderleistung unterscheiden und wann nur noch ein "Asshole Assessment" hilft, erklärt Dr. Carsten Knaut.

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Selbstorganisierte Teams Vom richtigen Umgang mit vermeintlichen Drückebergern

Ich mache meine Arbeit gut, aber die anderen … Wenn Ihnen dieser Satz schon mal durch den Kopf gegangen ist, dann denken Sie wie der Großteil der Bevölkerung. Doch Vorsicht: Nur die wenigsten Mitarbeiter arbeiten absichtlich weniger oder schlechter als sie könnten. Wie Sie echte von vermeintlicher Minderleistung unterscheiden und wann nur noch ein "Asshole Assessment" hilft, erklärt Dr. Carsten Knaut.

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In einer Wirtschaft, die ständig Spitzenleistung fordert, haftet manchmal bereits durchschnittlich guter Leistung ein Makel an. Realistisch betrachtet sind jedoch ein Großteil der Unternehmen in unserer Wirtschaft als auch ein Großteil der Menschen "nur" durchschnittlich. So wie Sie und ich. Bewegen wir uns auch manchmal in der oberen Hälfte oder dem oberen Drittel – Spitzenleistung ist und bleibt außergewöhnlich. Deshalb heißt sie auch so.

Dennoch ist Spitzenleistung das Ideal und der Treiber einer großen eigenen Industrie: Der Industrie der Führungs- und Motivationsberatung. Sie verspricht Methoden, mit denen Sie Spitzenleistung generieren können. Dies führt teilweise zu völlig überzogenen Erwartungen von Organisationen an ihre Mitarbeiter.

Ein Projektmitarbeiter, der "nur" mittelmäßige oder schlechte Leistung bringt, ist kein Problem. Denn jemanden, der will, aber nicht kann, kann man unterstützen und fördern. Schwieriger wird es, wenn jemand könnte, aber nicht will. In diesem Artikel möchte ich Anhaltspunkte liefern, was durchschnittlich gute Leistung von echter Minderleistung im Kontext selbstorganisierter Teams unterscheidet, woran man soziale Faulenzer erkennen und wie man mit ihnen umgehen kann.

Vorweg: Sie überschätzen sich!

Jemand anderen als sozialen Faulenzer zu bezeichnen, ist eine starke Wertung dessen Leistung. Bevor ich über soziale Faulenzer schreibe, möchte ich Sie daher etwas fragen: Gehören Sie zur besseren Hälfte der Autofahrer?

In einer Studie haben mehr als 90% der Teilnehmer auf diese Frage mit "Ja" geantwortet. Und fast noch schlimmer: Selbst nachdem man den Teilnehmern das Ergebnis der ersten Befragung gezeigt hat, haben bei einer erneuten Befragung immer noch 60% mit "Ja" geantwortet.

Haben Sie im Kopf auch mit "Ja" geantwortet? Dann herzlich willkommen im Club derer, die sich überschätzen. Und ja, ich gehöre auch zu diesem zweifelhaften Club. Das heißt, ich überschätze nicht nur mich selbst, ich unterschätze vor allem auch alle anderen. Die Sozialpsychologen Justin Kruger und David Dunning haben dieses Phänomen in verschiedenen Experimenten nachgewiesen und ihm den Namen "Dunning-Kruger-Effekt" gegeben (Kruger & Dunning, 1999).

Bevor ich fortfahre, scheint es mir daher fundamental wichtig, das Wissen um die eigene Selbstüberschätzung als Prämisse für eine differenzierte, ehrliche und menschliche Diskussion über soziales Faulenzen zu akzeptieren.

Wie beurteilt man die Leistung anderer möglichst objektiv?

Um beurteilen zu können, ob jemand weniger leistet als er könnte, muss ich erst mal wissen, wie viel die betreffende Person zu leisten imstande wäre. Bevor man also über das Phänomen des sozialen Faulenzens diskutiert, ist es notwendig, einen möglichst objektiven Bezugsrahmen herzustellen, gegen den man das Können und Wollen messen kann.

Leistungs- und Potenzialbeurteilungen sind erprobte Instrumente des Personalmanagements und heute in strukturierter Form Standard in vielen Unternehmen. Dazu gehören meist jährliche oder halbjährliche Zielvereinbarungen, regelmäßige Leistungsbeurteilungsgespräche und Kompetenz- sowie Potenzialbewertungen. Häufig finden diese Gespräche zwischen dem Mitarbeiter und seinem disziplinarischen Vorgesetzten statt. Sie beruhen bestenfalls auf einem Kompetenzkatalog, der mit der Position des jeweiligen Mitarbeiters verbunden ist. Mit diesen Instrumenten lassen sich Leistungs- und Potenzialbeurteilungen in Teilen objektivieren und die Leistungen verschiedener Mitarbeiter auf ähnlichen Positionen miteinander vergleichen.

Um als Führungskraft die Leistung und das Potenzial von Projektmitarbeitern möglichst objektiv beurteilen zu können, benötigen Sie ein Anforderungsprofil für die Rolle des Mitarbeiters im Projekt. Ein exemplarisches Beispiel eines solchen Rollenprofils ist in Bild 1 dargestellt. Es beantwortet Fragen wie z.B.: Was wird von der Rolle (nicht der Person!) im Projekt erwartet? Welche Aufgaben soll diese Rolle übernehmen und welche Kompetenzen sind dazu notwendig?

Bild 1: Beispiel für ein Rollenprofil, Quelle: Eigene Erstellung

Alle Kommentare (3)

Malte
Rolff
Dr.

Vielen Dank für den detaillierten und praxisnahen Artikel mit kokreten Empfehlungen. Ich kann aus meiner Praxis heraus bestätigen, dass Vertrauensvorschuss und das Reflektieren seiner eigenen Rolle bei fehlendem Wollen / Leistung Wunder wirken können. Die sehr seltenen übrig bleibenden Fälle bedürfen dann anderer Maßnahmen - sehr selten kann man auch nichts bewirken. Seine eigenen Grenzen zu akzeptieren, ist dann auch eine wichtige Kompetenz. Aber bis dahin kann sich jeder selbst hinterfragen, ob er sich als Opfer schlechter, unmotivierter Mitarbeiter sieht, oder das Zepter in die Hand nimmt und bei sich selbst anfängt, um sein Umfeld wirksam zu gestalten. Und am besten das auch noch transparent als Vorbild für seine Mitarbeiter vorlebt. Beste Grüße und Danke, Malte Rolff

 

Tobias
Fehn-Werner

Noch selten habe ich solch treffende Beschreibungen mir bekannter Personen gesehen. Perfekt! Und es sind teilweise noch nicht einmal Kombinationen aus verschiedenen Typen, sondern oft isolierte Typ-Beschreibungen, die erschreckend genau deren Verhalten im Unternehmen beschreiben. Zum Glück nicht in dem Unternehmen, in dem ich selbst arbeite.

 

Guest

Sehr gut. Zum einen gut präsentiert, zum anderen sind die weiterführenden Hinweise auf Untersuchungen und geltende Effekte interessant. Seit längerem nichts mehr so spannendes gelesen :-)