Projektgeschichten: Gebrauchsanleitung zum Glücklichsein

Fragen Sie sich als Projektleiter mit einem neuen Projekt auch manchmal: Wie wird es sein, wenn das Projekt vorbei ist und alles, was heute noch als Zukunftsmusik gilt, Routine ist? Wie werden die Kollegen mit der neuen Software, dem neuen Gebäude oder der neuen Anlage zurechtkommen? Fragen Sie sich auch: Wie fühlen sich die Veränderungen an, die das Projekt bringen wird? Falls ja, haben Sie vielen Kollegen einiges voraus.

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Projektgeschichten: Gebrauchsanleitung zum Glücklichsein

Fragen Sie sich als Projektleiter mit einem neuen Projekt auch manchmal: Wie wird es sein, wenn das Projekt vorbei ist und alles, was heute noch als Zukunftsmusik gilt, Routine ist? Wie werden die Kollegen mit der neuen Software, dem neuen Gebäude oder der neuen Anlage zurechtkommen? Fragen Sie sich auch: Wie fühlen sich die Veränderungen an, die das Projekt bringen wird? Falls ja, haben Sie vielen Kollegen einiges voraus.

Fragen Sie sich als Projektleiter mit einem neuen Projekt auch manchmal: Wie wird es sein, wenn das Projekt vorbei ist und alles, was heute noch als Zukunftsmusik gilt, Routine ist? Wie werden die Kollegen mit der neuen Software, dem neuen Gebäude oder der neuen Anlage zurechtkommen? Werden sie den Arbeitsalltag als einfacher oder als komplizierter empfinden? Werden die Kunden die neue Anlage so nutzen, wie es ursprünglich geplant war? Werden sie sie begeistert aufnehmen oder skeptisch beäugen?

Ein Projekt bewirkt immer Veränderungen. Welche – das steht im Projektauftrag. Doch diese Veränderungen sind oft nicht nur technischer Natur, sondern wirken sich vor allem auch darauf aus, wie die Beteiligten ihren Arbeitsalltag empfinden. Eine wichtige Frage, die Projektleiter sich zu Beginn stellen sollten, lautet: Wie fühlen sich die Veränderungen an, die das Projekt bringen wird?

Geschichten werden zu jedem Projekt erzählt

Das steht normalerweise nirgends, wird aber meistens sehr intensiv in den Kaffeeküchen der Unternehmen besprochen. Und jeder hat dann eine eigene Geschichte dazu, eben eine Projektgeschichte (siehe zu den Risken, die damit einhergehen, den Blogbeitrag "Die Metamorphose eines Projektziels"). Denn ein Projekt ohne eine gute Geschichte, die Hintergrund und Nutzen des Projekts für alle und am besten Schritt für Schritt erklärt, ist wie eine Gebrauchsanleitung für eine Kaffeemaschine – ohne zu erklären, warum man diese überhaupt braucht.

Das klingt zunächst absurd, zugegeben. Natürlich weiß jeder, der schon mal ein Büro von innen gesehen hat, welchen Wert und Nutzen eine gute Kaffeemaschine hat. Als meine Tochter ihr erstes Praktikum in der Verwaltung eines Theaters machen durfte, war das nachdrücklichste Erlebnis, das sie von dort mitnahm, wie sich die ganze Mannschaft morgens um die Kaffeemaschine versammelte und alle wichtigen Informationen austauschte. Der indirekte Wert der Kaffeemaschine für das Team war ihr spätestens am zweiten Morgen klar.

Meiner Oma schenkten wir zu Weihnachten mal einen Kaffeevollautomaten. Wir richteten Ihr das Gerät ein und zeigten ihr, welche Knöpfe sie für eine Tasse Kaffee drücken muss. Als wir an Ostern zur nächsten Familienfeier vorbeikamen, brühte sie den Kaffee wie immer mit dem guten alten Porzellanfilter in der Meißner Kaffeekanne auf.

Den Vollautomaten hatte sie nicht ein einziges Mal benutzt. Die Kanne passte nicht darunter und ohne Kaffeekanne ist nun mal keine Kuchentafel komplett. Wir hatten ihr zwar die Funktion der Maschinen erklärt, aber der Nutzen für sie persönlich war viel zu kurz gekommen. Sie hatte schlicht keine Lust, sich auf diese Veränderung einzulassen, weil sie den Wert nicht erkannt hatte.

Wecken Sie Die Lust auf Veränderung

Der Unterschied, ob die Kaffeemaschine (oder die neue Hardware, die neue Anlage oder die Software) genutzt wird oder nicht, liegt nicht im Inhalt des Projektauftrags, sondern in der Projektgeschichte: Wie allen Beteiligten erklärt wird, welchen Sinn und Nutzen das Projekt für sie persönlich und für das Unternehmen hat.

Eine gute Projektgeschichte (oder mehrere) macht Lust, sich auf die Veränderung einzulassen. Sie macht neugierig darauf, den Nutzen des Projektes für seine eigene Arbeit zu entdecken und durchaus auch kritisch zu hinterfragen.

Der Wert und Nutzen eines Projekts ist selten mit einer einzigen Geschichte erklärt – dazu sind die meisten Projekte zu komplex und zu facettenreich. Unter Umständen braucht jede Zielgruppe oder jede Stakeholdergruppe eine Geschichte, die zu ihren Anforderungen passt.

Wie wir Omas Kopfkino anregten

An Ostern haben wir uns mit meiner Oma dann übrigens noch einmal intensiv mit der Nutzung der Kaffeemaschine beschäftigt. Die ganze Familie war zwei Tage lang in das Kaffee-Projekt eingebunden: Wir verglichen den Geschmack von Filterkaffee und dem aus dem Vollautomaten. Wir diskutierten Vor- und Nachteile von starkem und schwachem Kaffee mit und ohne Milchschaum. Wir erklärten, warum wir zwar verstanden, warum Oma an ihrem selbstgestrickten Kaffeewärmer hängt, aber der Meinung waren, dass eine Tasse frischgebrühtem Kaffee viel besser schmeckt, als zwei Stunden alter Kaffee aus der Kanne (selbst, wenn dieser noch immer heiß ist).

Außerdem schufen wir Innovationen, wie aufgeschäumte Milch mit Kakao für die jüngsten Enkel (Oma war sehr erstaunt). Omas Kopfkino war in vollem Gange – mit einem Mal konnte sie sich vorstellen, wie sich dieses Gerät auf ihre legendären Kaffeekränzchen auswirken würde: Sie roch den Kaffee fast und hörte die Lobgesänge ihrer Freundinnen.

Nach zwei Tagen voller Kaffee-Tests und Erfahrungsaustausch traf unsere Oma einen Entschluss:

  • Beim nächsten Kaffeekränzchen würde sie Kaffee aus der neuen Maschine anbieten.
  • Sie würde die Kaffeestärke für jede Tasse einstellen, damit Ihre Freundin Heidemarie z.B. sich nicht mehr über die für sie unpassende Kaffeestärke beschweren kann (Ihr war der Kaffee entweder zu stark oder zu schwach)
  • Die Kaffeekanne aus dem guten Meißner Porzellan käme trotzdem auf den Tisch; zwar ohne Inhalt, aber dafür auch ohne Kaffeewärmer – so käme das Design der Kanne endlich mal voll zur Geltung.

Omas nächstes Kaffeekränzchen wurde zum durchschlagenden Erfolg: Alle ihre Freundinnen freuen sich über die unglaublichen Innovationen, die bei Oma Einzug gehalten haben.

Darum ist eine gute Geschichte die halbe Miete

Eine gute Projektgeschichte, die das Projekt unterstützt, ist also schon der halbe Projekterfolg. Wenn damit im Projekt die Möglichkeit besteht, sich mit der zukünftigen Situation schon mal zu beschäftigen, sie zu diskutieren und sich mit Vor- und Nachteilen anschaulich auseinanderzusetzen, werden aus kritischen Anwendern auf einmal begeisterte Fürsprecher für ein Projekt.

Darum braucht ein Projekt also eine gute Geschichte:

  • Alle können sich die Verbesserung, die das Projekt bewirkt, besser vorstellen.
  • Über eine Projektgeschichte wird nicht nur Fakten und Wissen, sondern auch Erfahrung und Begeisterung weitergegeben.
  • Jeder mag Geschichten und jeder mag es, etwas zum Erzählen zu haben – am besten, etwas, das ihn selbst betrifft. Auch das steigert die Identifikation und die Begeisterung für das Projekt.

 

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Alle Kommentare (2)

Guest

Charmant und erlebbar geschildert - ich kann ihn schon riechen, den Kaffeeduft, der durch das neue Projekt zieht ;-)

 

Bernd
Christensen
Dr.

Ein sehr schönes, greifbares Beispiel! Bei jedem Projektstart stelle ich die Frage: "Wie sieht Erfolg für uns aus?". Nach etwas Anlaufschwierigkeiten (es geht doch hier um Technik und Finanzen!) kommen da schnell nach den technischen und finanziellen Kriterien Aussagen wie "Wir müssen uns um dieses Dauerthema nicht mehr kümmern", "Der Mitarbeiter vor Ort sieht direkt, ob es gut gelaufen ist und kann entscheiden, was jetzt passieren muß", " wir können uns endlich um strategische Fragen kümmern". Damit kann das Team die "soft Benefits" für sich und die Stakeholder klar machen und auch präsentieren. Bei Krisen/ Änderungen im Projekt gehen wir dann auf das Flipchart zurück und fragen: was hat sich in Bezug auf unsere Erfolgsdefinition (-Geschichte!!) geändert?