Projektbegleitendes Anforderungsmanagement: unnötige Kosten und Ärger vermeiden
Projektbegleitendes Anforderungsmanagement: unnötige Kosten und Ärger vermeiden
Die Anforderungen an ein Projektergebnis werden in der Regel zu Projektbeginn festgeschrieben. Im Verlauf der Abwicklung kann es aber geschehen, dass sie aufgrund neuer Erkenntnisse, veränderter Rahmenbedingungen oder auf Kundenwunsch verändert oder erweitert werden müssen. Diese Änderungen gilt es zu prüfen und mit den Gegebenheiten (Budget, Termin- und Ressourcenplanung usw.) in Einklang zu bringen.
Anforderungsmanagement ist ein integraler Bestandteil vieler etablierter Vorgehensmodelle, wie z.B. von PRINCE2 (Änderungssteuerung) oder dem V-Modell (Änderungsmanagement). Solche Vorgehensmodelle definieren den grundlegenden Prozess sowie die Werkzeuge, z.B. Checklisten, Bewertungsschablonen oder Anforderungsdokumentationen. Doch damit liefern sie nur den formalen Rahmen für das Anforderungsmanagement; eine Anleitung, wie es in der Praxis umgesetzt werden sollte, enthalten sie nicht. Die Unternehmen sind bei dieser Frage auf sich allein gestellt, was häufig zur Folge hat, dass das Anforderungsmanagement nur rudimentär durchgeführt wird.
Die Erfahrung zeigt, dass fehlendes oder unzureichendes Anforderungsmanagement in der Regel schwer wiegende Konsequenzen nach sich zieht und die Projektkosten in die Höhe treibt. Im Folgenden erfahren Sie, welche Erfolgsfaktoren Sie beachten sollten, um ein Anforderungsmanagement effizient und nutzbringend umzusetzen und welche Probleme Sie so vermeiden können.
Häufige Fehler in der Praxis
Anforderungsmanagement nur zu Beginn anstatt projektbegleitend
In vielen Unternehmen erfolgt das Anforderungsmanagement lediglich bei der Projektinitiierung. Zwar gibt es in der Regel eine generelle Prozessvorgabe, das Anforderungsmanagement auch während des weiteren Projektverlaufs fortzuführen. Es ist jedoch oft nebulös oder gar nicht definiert, wie dabei vorgegangen werden soll. Anstatt ein entsprechendes Vorgehen zu entwicklen, geht man der Einfachheit halber davon aus, dass die Arbeit getan ist, wenn z.B. ein Lastenheft oder ein Fachkonzept erstellt wurde.
Tatsächlich beschränkt sich das Anforderungsmanagement aber keineswegs auf die Initiierung und die frühen Phasen eines Projekts. In fast allen und insbesondere in großen Projekten entwickeln und verändern sich die Anforderungen während der Abwicklung. Die Anforderungen
- werden vergessen oder missverstanden,
- ergeben sich erst aus dem fortgeschrittenen Wissensstand des Projekts,
- müssen erweitert oder abgegrenzt werden,
- erfordern in späteren Projektphasen eine richtungsweisende Detaillierung,
- erhalten über die Projektlaufzeit eine andere Priorität,
- erfordern eine andere zeitliche Abfolge der Erfüllung oder
- gelten nicht mehr, weil sich die Rahmenbedingungen oder Wünsche der Stakeholder verändert haben.
All dem gilt es Rechnung zu tragen, wenn das Projekt erfolgreich und zur Zufriedenheit aller Beteiligten abgeschlossen werden soll.
Spontanes Anforderungsmanagement: unzureichende Ad-hoc-Lösungen
In vielen Unternehmen wird mit neuen Anforderungen, die während des Projektverlaufs entstehen, nur auf eine einzige Art umgegangen: Man bearbeitet sie ad-hoc (spontanes Anforderungsmanagement). Dieses Vorgehen birgt aber ein hohes Risiko.
Beispiel
Ein Unternehmen möchte Geschäftsdaten aus verschiedenen DV-Systemen auswerten, dafür sollen diese in einer zentralen Datawarehouse-Lösung zusammengeführt werden. Der Entwickler Herr R. ist dafür zuständig, den Extraktions-, Transformations- und Ladeprozess (ETL-Prozess) nach den Vorgaben der Konzeption zu programmieren. Begleitend zur Umsetzung testet die Fachabteilung die von Herrn R. bereits fertig gestellten Arbeitspakete. Die Fachabteilung kennt Herrn R. als Ansprechpartner für Fehlerbeseitigungen und Detailauskünfte und fragt ihn, ob ein neues Produkt des Unternehmens bereits im ETL-Prozess berücksichtigt wird. Herr R. erklärt, dass das nicht der Fall ist. Seiner Einschätzung nach ist es aber kein Problem, es in das laufende Projekt zu integrieren. Kurzerhand erweitert er den ETL-Prozess entsprechend. Zwei Wochen später beginnt die Fachabteilung, die Implementierung des neuen Produkts zu testen und meldet Fehler. Die Struktur des Produkts ist komplex und der laufende Prozess bildet diese nicht korrekt ab. Das Problem eskaliert: Die Aufwände für die Korrektur sind ebenso wenig eingeplant wie das Produkt selbst. Der Weg zurück ist versperrt, die weitere Bearbeitung teuer.
Spontanes Anforderungsmanagement ist in der Regel von vielfältigen Versäumnissen geprägt und führt zwangsläufig zu schwer wiegenden Problemen:
…
ute walther-maas
08.04.2009