Strategisches Portfoliomanagement gehört nicht in ein PMO!
Inhalt
- Praxisbeispiel: Projektportfolio erbringt keinen ROI
- Portfoliomanagement – der theoretische Anspruch
- PMOs sind ausgelastet durch das projektbezogene Tagesgeschäft
- Ein typischer Bottom-Up Ansatz
- Die Lösung: Strategisches Portfoliomanagement vom PMO trennen
- PMO und PfM unter einer Governance
- Klare Verantwortungen und Befugnisse sorgen für Effektivität
- Vorteile eines eigenständigen PfM
- Fazit: Ein PMO macht noch kein strategisches Portfoliomanagement
- Literatur
Strategisches Portfoliomanagement gehört nicht in ein PMO!
Inhalt
- Praxisbeispiel: Projektportfolio erbringt keinen ROI
- Portfoliomanagement – der theoretische Anspruch
- PMOs sind ausgelastet durch das projektbezogene Tagesgeschäft
- Ein typischer Bottom-Up Ansatz
- Die Lösung: Strategisches Portfoliomanagement vom PMO trennen
- PMO und PfM unter einer Governance
- Klare Verantwortungen und Befugnisse sorgen für Effektivität
- Vorteile eines eigenständigen PfM
- Fazit: Ein PMO macht noch kein strategisches Portfoliomanagement
- Literatur
Es ist überaus begrüßenswert, dass das Thema Portfoliomanagement heute in fast allen Unternehmen Fuß gefasst hat und der damit verbundene Nutzen auch in der Managementetage Beachtung findet. Aktuell wird auf vielen Veranstaltungen und in der Fachliteratur das Project Management Office (PMO) als fast einziger Lösungsweg zur Integration und Verankerung des Projekt- und Portfoliomanagements in der Organisation dargestellt. Dies wurde z.B. auf dem PMO Tag 2012 der GPM (GPM, 2012) und auf dem PM-Summit 2012 in München (PMI-MUC, 2012) sehr deutlich.
Als Berater beobachten wir bei unseren Kunden aus der Verlags-, Versicherungs-, Automotive-Branche und weiteren Industrie- und Dienstleistungsbranchen, dass die Einführung von PMOs für Unternehmen tatsächlich viele Vorteile hat: PMOs erhöhen in der Organisation die Akzeptanz für Projektmanagement und verbessern seine Qualität. Einerseits steigt die Anzahl der erfolgreich zu Ende geführten Projekte, andererseits werden notleidende Projekte früh erkannt und die erforderlichen Maßnahmen bis hin zum Projektabbruch rechtzeitig eingeleitet. Vor allem in mittelständischen Unternehmen können wir hierdurch den Reifegrad in der Projektorganisation erheblich steigern. Unterstützt der Betriebsrat die Optimierung, darf auch eine Auslastungsplanung der Mitarbeiter erfolgen. Dies gewährleistet einen zielgerichteten Einsatz von Mitarbeitern und lässt Überlastungen von Mitarbeitern oder Ressourcenpools rechtzeitig erkennen, durch die Projekte in Schieflage geraten können.
Mit der Realisierung dieser Nutzeffekte erschöpft sich in der Praxis allerdings meist schon der Wertbeitrag, den PMOs für das Unternehmen erbringen, wie das folgende Beispiel verdeutlicht.
Praxisbeispiel: Projektportfolio erbringt keinen ROI
Vor kurzem durften wir das regionenspezifische Projektportfolio eines international agierenden Industrie-Unternehmens analysieren. Die Entscheidungen über das Projektportfolio für das Jahr 2014 waren bereits gefallen und es gab kaum noch Steuerungsmöglichkeiten. Unsere Analyse ergab drei alarmierende Ergebnisse:
- 92% des gesamten investierten Projektbudgets entfällt auf Projekte, die keinen finanziellen Nutzen ausweisen. Daraus folgen zwei Fragen: Womit kompensiert das Unternehmen diese Investitionen bzw. können die rentablen Projekte, die über nur 8% des gesamten Budgets verfügen, diese Kosten durch ihren Gewinn kompensieren? Wodurch entsteht diese Situation und sind die unrentablen Projekte wirklich alle Muss-Projekte im Sinne von "für das Unternehmen unausweichlich"?
- 70% der Investitionen in IT-Projekte werden in nur einer von sechs Regionen getätigt. Davon wiederum benötigt ein Projekt 2/3 der subregionalen Investitionen. Als Frage ergibt sich daraus: Will die Geschäftsführung diese extrem ungleiche Verteilung der Budgets und welche Auswirkung hat dies auf das unternehmensweite IT-Portfolio und die definierten Strategien?
- 70% der Projektinvestitionen haben keinen direkten Zusammenhang zur Unternehmensstrategie. Es werden überwiegend verpflichtende, regulatorische Themen (z.B. SEPA Umstellung etc.) und regionale bzw. subregionalen Themen (z.B. Update der regionalen ERP-Systeme, Ausbau der subregionalen Vertriebsstrategien) bedient. Hier stellt sich die Frage: Wie sollen zukünftig die Unternehmensstrategien umgesetzt und somit die globale Markposition beeinflusst werden?
Das PMO dieses Kunden konnte uns zwar die für die Analyse benötigten Zahlen liefern, war aber nicht in der Position, Lösungen für die von uns aufgeworfenen Fragen anzubieten oder zu entwickeln.
Portfoliomanagement – der theoretische Anspruch
Diese Analyseergebnisse stehen in Widerspruch zum theoretischen Anspruch, den Portfoliomanagement, hier synonym mit "Projektportfoliomanagement" verwendet, in den gängigen Standards, z.B. von PMI und IPMA erhebt. Portfoliomanagement ist demgemäß die zentrale Einsteuerung, Überwachung und Durchführung von Projektportfolien und Projekten unter Berücksichtigung der Unternehmensziele, Strategien und Wirtschaftlichkeit sowie abteilungsspezifischer (F&E, IT, Marketing und Vertrieb, Produktion etc.) bzw. nationaler und internationaler Interessen des Unternehmens.
Wenn sich die Rahmenbedingungen verändern, wie z.B. die Wettbewerbssituation, müssen strategische Entscheidungen getroffen werden, die Neupriorisierungen notwendig machen. Diese wirken sich sowohl auf die Projektauswahl als auch auf laufende Projekte aus. Im Folgenden verwende ich deshalb den Begriff "strategisches Portfoliomanagement" für die Ebene der unternehmerischen Entscheidungen über Projekte. Im Wesentlichen bedeutet "strategisches Portfoliomanagement" dasselbe wie die derzeit diskutierten Begriffe "Enterprise Project Governance" bzw. "Governance of Project Management" (Angermeier, 2013).
Das strategische Portfoliomanagement definiert und unterstützt die Governance (d.h. das Steuerungs- und Regelsystem des Topmanagements) zur Entstehung und Entscheidungsfindung von Projekten und Portfolien im Unternehmen. Es unterstützt die Prozesse für Jahres- und Mehrjahresplanung durch eine strukturierte Projektselektion und überwacht den Portfolioerfolg unter Berücksichtigung der definierten Ziele.
Tatsächlich gelebt wird das bei den uns bekannten Unternehmen leider nur in den seltensten Fällen.
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