Warum Projekte schiefgehen
Warum Projekte schiefgehen
In meinen vergangenen Beiträgen habe ich versucht, Ihnen die Wurzeln schlechter Projekte vor Augen zu führen: Mangelnde Wertschätzung und Bewusstsein für den Wert guten Projektmanagements in den Unternehmen. Nun möchte ich mich ein wenig den Details widmen.
Überschätzte Technik
Es gibt eine Menge Studien über Probleme und Ursachen, wegen denen Projekte schiefgehen. Um es gleich vorweg zu nehmen: Technische Probleme machen nur einen ganz geringen Teil, nämlich ca. 10%, dabei aus. Trotzdem suchen die meisten Verantwortlichen im Management und in den Projekten selbst zuerst und besonders hier. Das ist v.a. in stark Engineering-lastigen Projekten zu beobachten.
Vier Hauptursachen
Die Probleme sind also meist nicht technischer Natur, sondern gehen auf vier Hauptfaktoren zurück, die nach meiner langen Projekt- und Projektsanierungs-Erfahrung immer wieder zu Schieflagen in Projekten führen:
- der Mensch "Projektleiter",
- nicht genügend Zeit, für das Projekt und/oder das Projektmanagement und
- mangelhafte Unterstützung der Projekte durch das Unternehmen bzw. die Organisation,
- die Aufgabe selbst, insbesondere ihre Komplexität.
Die in den einschlägigen Statistiken meist genannten Faktoren Kommunikation, Mitarbeiter bzw. Skills, unklare Anforderungen usw. überschneiden sich damit, sind aber m.E. lediglich Auswirkungen der von mir gewählten Ursachen-Cluster.
Der Faktor Mensch: Warum schwaches PM ein Produkt schwacher Management-Entscheidungen ist
In einer meiner Fallstudien hatte man einen "erfahrenen" Projektingenieur zum Projektleiter berufen. Auf seinem Fachgebiet war der Mann eine Koryphäe, er ging in seiner Forschung auf. Nur leider fand er zu den Themen Projektmanagement und Mitarbeiterführung keinen wirklichen Draht.
Die "menschliche" Folge: Er investierte den Großteil seiner Zeit und Aufmerksamkeit in das Produkt, während die Planung und Koordination des Projekts hinten runter fiel. Als das Projekt zum Krisenprojekt wurde, fokussierte er sich auf das, was er am besten konnte – und wieder litt das Projektmanagement.
Wenn Sie das Managen Ihrer Projekte ernst nehmen – und das sollten Executives ebenso sehr wie das Managen ihres Unternehmens – dann sollte Ihnen klar sein, dass Mitarbeiter durch ihre Teilnahme an mehreren Projekten nicht automatisch zu guten Projektleitern werden. Bestenfalls werden sie so gut wie ihre Vorbilder, aber vielleicht schauen sie sich dabei ja sogar schlechte Praktiken ab.
Gutes Projektmanagement kann man lernen
Wenn man ein Projekt erfolgreich leiten will, braucht man dafür – wie in anderen Berufen auch – eine methodische Ausbildung, die das Erkennen der Erfordernisse in der jeweiligen Projektsituation und den situativ sinnvollen, virtuosen Umgang mit den einschlägigen Werkzeugen einschließt. Das ist gewissermaßen wie bei einem Handwerk, und so gibt es auch im Projektmanagement Lehrlinge, Gesellen und Meister.Einem guten Projektmanager wären daher die Fehler in unserem Beispiel nicht unterlaufen, denn er hätte sich in seinem und im Projektinteresse von Anfang an um eine klare Ziel- und Aufgabendefinition gekümmert, und konsequent die Unterstützung seiner Vorgesetzten eingefordert. Seine Planung hätte auf realistischen Annahmen gefußt und er hätte Risiken und Abweichungen frühzeitig erkannt, eskaliert und gegengesteuert.
Projektmanagement ist eine Führungsposition
Damit er das auch tun kann, braucht er noch einen weiteren Skill: Führungsqualitäten. Er ist der Manager seines Projekts, er verantwortet das Ergebnis und muss sein Team und auch seine Chefs so steuern, dass jeder seinen Teil zum Ganzen einbringt. Keine leichte Aufgabe, besonders wenn es sich um kein projektorientiertes Unternehmen handelt.
Doch nicht jeder eignet sich für eine Führungsrolle, fühlt sich darin wohl. Wenn er aber seinen Job ernst nimmt, wird er Projektmanagement inklusive Führung konsequent anwenden. Andernfalls wird er bald zum Sündenbock, wenn das Projekt schiefgeht. Keine sehr motivierende Perspektive, oder was für opportunistische PM-Nomaden, die sich so manchmal Projektleiter nennen…
Zeit für Projektmanagement haben
Mangelnde Zeit ist eine weitere häufige Ursache für Schieflagen von Projekten. Damit meine ich weniger die Dauer, die dem Projekt zur Ausführung gegeben wird. Die sollte eigentlich immer realistisch bemessen sein, nicht durch Wunschdenken oder willkürlich festgelegt. Das heißt sie muss auf realistischen Schätzungen der ausführenden Mitarbeiter unter Berücksichtigung der Abhängigkeiten und Rahmenbedingungen basieren. Daher fällt "Dauer" für mich unter die Rubrik "Mensch", also ob der Projektleiter einen kompetenten Job macht.
Vielmehr habe ich jetzt die Zeit im Auge, die dem Projektmanagement eingeräumt wird. Schaut man sich viele Projektbudgets an, so wird diese Position oft deutlich zu schmal kalkuliert oder taucht sogar gar nicht auf. So als könne man diese Aufgabe mit billigen Kräften und/oder mal eben so nebenbei erledigen – so entstehen teure Projekte!
Tatsächlich zeigen einige Statistiken (siehe Beispiel aus den USA), dass viele Projektleiter nur einen Bruchteil ihrer Arbeitszeit wirklich mit Projektmanagement verbringen. Der Großteil hingegen geht in Tätigkeiten wie Business Development, technische Ausführung, Linienaufgaben usw. Der Grund liegt zumeist in der Art und Weise, wie das Unternehmen Projektmanagement "macht", aber oft auch im Selbstverständnis der Projektleiter, wie ich es unter "Mensch" beschrieben habe. Wenn alles andere aber wichtiger ist als Projektmanagement, dann muss man sich über miserable Projekt-Performance nicht wundern. Umsichtige Manager kalkulieren daher für Projektmanagement zwischen 15 und 20% des Gesamtaufwandes, denn das ist, richtig gemacht, ein Fulltime-Job!
Zeit für das Projekt haben
Die Zeit für Projektmanagement kann für den Projektleiter natürlich auch deshalb knapp bemessen sein, weil er mehrere Projekte gleichzeitig betreuen muss. In kleinen und mittelgroßen Unternehmen ist das wohl sogar der Normalfall. Das mag akzeptabel sein, wenn sich die Projekte in verschiedenen Phasen mit unterschiedlichem Bedarf an Aufmerksamkeit und Kommunikation befinden.
Grundsätzlich – auch das belegen viele Studien – ist Multitasking aber durch das ständig wiederholte Sich-wieder-hinein-denken-Müssen sehr ineffizient, kostet also mehr Zeit, Geld und Risiko als konzentrierte Arbeit in nur einem Projekt.
Je mehr Leute im Team zusammen arbeiten, desto höher ist der Kommunikations- und Koordinationsbedarf schon in einem einzelnen Projekt, wenn dieses effektiv und effizient laufen soll, und Projektmanagement ist ein Fulltime-Job.
Da macht es auch Sinn, sich bei hohem Projektanfall personell zu verstärken, sei es mit eigenen, gut ausgebildeten Projektmanagern oder mit Externen. Denn je besser sich der Projektmanager um sein Projekt kümmern kann, desto besser wird es laufen. Eigentlich logisch, oder?
Aber hier sind wir schon bei der Einbettung der Projekte in die Unternehmens-Organisation und die Unterstützung durch das Management, einem weiteren Brennpunkt, warum Projekte schiefgehen. Diesen werde ich u.a. in meinem nächsten Beitrag behandeln.
Uwe Velten
16.09.2016
Peter Eckert
17.09.2016
Franz Veronese
17.09.2016
Henning Zeumer
18.09.2016
Stefan
26.10.2016
Henning Zeumer
26.10.2016