Wenn Intuition zur Falle wird Critical Thinking im Projektmanagement
Unser Gehirn ist aufs Überleben, aber nicht auf korrekte Entscheidungen programmiert. Deshalb tappen wir leicht in Denkfallen, wie es z.B. das Gruppendenken oder die selektive Wahrnehmung sind. Die Kognitionspsychologie nennt diese Effekte "kognitive Verzerrungen". An ihnen scheitern Projekte trotz professionellen Umfelds an scheinbar offensichtlichen Umständen. Nathalie Laissue erklärt anhand von bekannten Projektbeispielen, warum dies so ist und stellt das Gegenmittel "Critical Thinking" vor.
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Inhalt
Wenn Intuition zur Falle wird Critical Thinking im Projektmanagement
Unser Gehirn ist aufs Überleben, aber nicht auf korrekte Entscheidungen programmiert. Deshalb tappen wir leicht in Denkfallen, wie es z.B. das Gruppendenken oder die selektive Wahrnehmung sind. Die Kognitionspsychologie nennt diese Effekte "kognitive Verzerrungen". An ihnen scheitern Projekte trotz professionellen Umfelds an scheinbar offensichtlichen Umständen. Nathalie Laissue erklärt anhand von bekannten Projektbeispielen, warum dies so ist und stellt das Gegenmittel "Critical Thinking" vor.
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Der ständigen Verbesserung von Planungs-, Durchführungs- und Steuerungsprozessen zum Trotz treten in Projekten immer noch viele Fehler auf. Zwar können diese häufig auf Mängel in der Management- und Entscheidungspraxis zurückgeführt werden, aber manchmal liegt der Fehler nicht im Entscheidungsprozess, sondern im Kopf des Entscheidungsträgers: Die Funktionsweise des menschlichen Gehirns kann sachgerechte Entscheidungen eindeutig sabotieren. Aktuelle, drastische Beispiele für die Folgen unsachgerechter Entscheidungen finden wir zur Genüge in den Medien, es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu machen, dass die gleichen Denkmechanismen uns auch im kleinen Rahmen beeinflussen und somit jeden Projekterfolg beständig bedrohen.
Anhand von bekannten, gut dokumentierten, gescheiterten Projekten möchte ich im Folgenden aufzeigen, wie bestimmte Denkstrukturen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen verursachen. Diese Denkfallen sind im Wirtschaftsleben allgegenwärtig, wirken sich aber in Projekten besonders stark aus, da diese definitionsgemäß Neuerungen oder Veränderungen bewirken, die sie besonders fehleranfällig machen: Neue Wege werden oft mit beschränkten Erfahrungen und intuitiven Entscheidungen eingeschlagen.
Erfahrungslernen kann zu Denkfallen führen
Die Forschung der letzten Jahre hat auf verschiedenen Gebieten wie Molekular- und Neurobiologie, Neurologie, Psychologie und Verhaltensökonomie aufgezeigt, dass unsere Gehirne schon bei unserer Geburt dahingehend "verdrahtet" sind, emotional und unmittelbar auf die Welt um uns herum zu reagieren (De Martino, 2005; Ledoux, 2008, Shermer, 2011; Kahnemann, 2011). Dieser überlebensnotwendige Reflex, der uns ein Leben lang begleitet, führt allerdings zu einigen Problemen, weil wir seinetwegen oft suboptimale Entscheidungen treffen.
Kognitionspsychologen untersuchen, wie Menschen denken, wahrnehmen, sich erinnern und lernen (Cherry, 2014), d.h. sie untersuchen mentale Prozesse. Dabei identifizierten sie eine ganze Reihe von Denkfallen, in die wir bei Entscheidungen tappen. Einige sind auf sensorische Fehleinschätzungen zurückzuführen, andere nehmen die Form von Vorurteilen an, wiederum andere erscheinen einfach als irrationale Anomalien in unserem Denken.
Ein Beispiel zum Selbsttest: Aufwandsschätzungen beeinflussen
Wenn Sie bei der nächsten Projektplanung Aufwandsschätzungen von den Teammitgliedern einholen, können Sie eine der häufigsten Denkfallen testen: die sog. "Ankerheuristik" (s.u.).
Nehmen wir an, Sie haben ein Arbeitspaket definiert, für das Sie aus Ihrer Erfahrung heraus einen Aufwand von ungefähr zehn Arbeitstagen abschätzen. Fragen Sie nun verschiedene Teammitglieder unabhängig nach deren Einschätzung, aber mit zwei verschiedenen Fragestellungen:
- Wie ist deine Schätzung, brauchen wir für dieses Arbeitspaket mehr als sechs Tage?
- Wie ist deine Schätzung, schaffen wir dieses Arbeitspaket in weniger als 20 Tagen?
Je nachdem, welchen "Anker" (sechs oder 20 Tage) Sie bei der Fragestellung setzen, wird die Aufwandsschätzung systematisch niedriger oder höher ausfallen.
Kognitive Verzerrungen durch Heuristik
Für eine Aufwandsschätzung können sich heuristische Verfahren wie Expertenschätzung oder Delphi-Methode eignen. Im Alltag wird für Schätzungen oft die "Pi-mal-Daumen"-Methode verwendet, eine weitverbreitete Heuristik. "Heuristik bezeichnet die Kunst, mit begrenztem Wissen oder unvollständigen Informationen und wenig Zeit zu guten Lösungen zu kommen und schließt ein analytisches Vorgehen ein, bei dem mit Hilfe von Mutmaßungen Schlussfolgerungen getroffen werden" (Wikipedia (a), 2014). Das Wort "Heuristik" stammt vom altgriechischen "heuristikein", was "(auf)finden, entdecken" bedeutet.
Heuristische Verfahren (Heuristiken) basieren somit auf Erfahrungslernen und nicht auf objektiven Gesetzmäßigkeiten. Das Versuch-und-Irrtum-Prinzip (mögliche Lösungsmöglichkeiten solange durchspielen, bis eine richtige getroffen wird) oder das Ausschlussverfahren (richtig ist, was übrig bleibt, wenn alle falschen Möglichkeiten ausgeschlossen sind) sind bekannte heuristische Verfahren. Bei Multiple-Choice-Prüfungen für PM-Zertifizierungen ist z.B. das Ausschlussverfahren eine wichtige Methode, um die richtige Antwort zu identifizieren.
Erfahrungen und Wahrnehmungen können täuschen
Allerdings können heuristisch gefolgerte Aussagen von der optimalen Lösung abweichen oder falsch sein. So können sie z.B. auf falschen Erfahrungen basieren oder durch verzerrte Wahrnehmung oder Scheinkorrelation in die Irre führen – die Kognitionspsychologie bezeichnet diese Selbsttäuschungen als "kognitive Verzerrungen" (engl.: cognitive biases) (Wikipedia (b), 2014). Kognitive Verzerrungen sind systematische (nicht zufällige) Tendenzen oder Neigungen beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen. Sie bleiben meist unbewusst und sind tückisch, weil sie oft aus lang gehegten, für selbstverständlich gehaltenen Ansichten hervorgehen.
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