Checklisten und Tools – trügerische Sicherheit für angehende Projektleiter
Checklisten und Tools – trügerische Sicherheit für angehende Projektleiter
Gerade noch unerfahrene Projektleiter verspüren meiner Erfahrung nach einen unstillbaren Hunger nach Checklisten, durchstrukturierten Vorgehensmodellen und direkt anwendbaren Tools. Das ist verständlich, denn die angehenden Projektleiter spüren, dass sie in einem instabilen und äußerst schwer zu durchschauenden Arbeitsumfeld persönlich in der Verantwortung stehen. Da ist alles hoch willkommen, was verspricht: hiermit verschaffst du dir den Durchblick und wenn du dich daran hältst, machst du erst einmal alles richtig. Wenn diese Hilfsmittel dann auch noch von den Koryphäen im Projektmanagement abgesegnet sind, fühlen sich die Projektleiter umso sicherer.
So verständlich der Wunsch nach formalen Hilfen ist, so gefährlich ist er auch. Checklisten und Tools vermitteln dem Projektleiter eine trügerische Sicherheit, weil sie dazu beitragen, das Besondere an der konkreten Projektsituation und die wirklich wichtigen Stellschrauben im eigenen Projekt nicht wahrzunehmen.
Checklisten lenken den Blick auf das vorher Bekannte. Das Neue, Unstrukturierte und Besondere des jeweiligen Projekts tritt dahinter zurück. Ihr Listencharakter suggeriert eine Vollständigkeit, die der Wahrnehmung entzieht, was auf einer anderen Ebene liegt. Dies führe ich im Folgenden an zwei Beispielen aus.
Checklisten: hinderliche Krücken für angehende Projektleiter
Zwei Beispiele mögen die Grenzen von Checklisten und Tools verdeutlichen.
Hier das erste Beispiel: Die Leiterin einer größeren Stadtbibliothek organisiert für Jugendliche zwei Abendveranstaltungen zum Thema Web 2.0. Obwohl sie hochkarätige externe Experten aufgeboten hat, ist sie im Ergebnis sehr frustriert. Entgegen ihrer Erwartungen waren die Veranstaltungen nur sehr schlecht besucht. Ihre Frustration ist umso größer, da sie sich doch bei der Organisation akribisch an der Checkliste "Durchführung von Abendveranstaltungen" orientiert hat, die im Rahmen des Qualitätsmanagements entwickelt wurde. Das Problem ist jedoch, dass die Checkliste keine Fragen wie die folgenden enthält: Wie sieht eigentlich unser Image bei den Jugendlichen aus? Schreiben uns die Jugendlichen in dem Themenfeld, was auf den Veranstaltungen behandelt wurde, überhaupt Kompetenz zu? Mit welchen anderen Anbietern konkurrieren wir, wenn wir dieses Thema anbieten?
Wie es einschlägige Projektmanagement-Tools vorsehen, strukturiert ein junger Projektleiter mit großem Aufwand die einzelnen Arbeitspakete des Projekts durch und plant bis ins letzte Detail die darin enthaltenen Aktivitäten. Es bedarf des Impulses von Außen, dass er überhaupt bemerkt, wie er damit gerade seine Leistungsträger im Projektteam in die innere Kündigung treibt. Dabei sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, dass man hochkompetente und hochmotivierte Teammitglieder bevormundet und ihr Engagement und ihre Eigeninitiative ausbremst, wenn sie nur noch Vorgekautes abarbeiten sollen.
Das war von den Erstellern der Checklisten und den Entwicklern der Tools so nicht gewollt. Seriöse Checklisten-Ersteller weisen auch darauf hin, dass die von ihnen erstellten Listen unvollständig sind und an die Situation angepasst werden müssen. Sie wollen nicht, dass der Nutzer das Selbstdenken ausschaltet, aber unter dem Termindruck geschieht in der Praxis in vielen Fällen genau das. Dann stellen Checklisten für angehende Projektleiter Krücken dar, die verhindern, dass sie das eigenständige, sichere Gehen im unwegsamen Gelände lernen.
Erfahrene Projektleiter nutzen Grundregeln statt Checklisten
Aus der Perspektive der wohlmeinenden Vordenker verdichten Checklisten vorausgegangene Erfahrungen. Jeder Projektleiter, der durch viele erfolgreiche und missratene Projekte schlau geworden ist, könnte solche Listen verfassen. Die meisten machen sich diese Mühe nicht, weil solche detaillierten Listen für sie keinen praktischen Nutzen haben. Sie haben ihre Erfahrungen in einigen Grundregeln verdichtet, die sie mehr oder weniger intuitiv auf jede neue Projektsituation anwenden. Eine solche Grundregel kann z.B. lauten: "Für die Außenvertretung des Projekts bin ich verantwortlich, innerhalb des Projekts kann ich alles delegieren."
Ein erfahrener Projektleiter verfügt über die Souveränität, sich eine Situation erst einmal genau anzuschauen, bevor er die konkreten Schritte einleitet. Dabei konzentriert er sich auf das Besondere und eben nicht auf das Bekannte. Er setzt um, was Niki Lauda beim Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel als Kernkompetenz ausmacht: "Er kann im richtigen Moment die richtigen Fäden ziehen und das Maximum aus sich herausholen."
Kernaufgabe: das Projekt in seiner Komplexität erfassen
Welche Konsequenzen ergeben sich für die Vorbereitung angehender Projektleiter? Wie kann man sie unterstützen, ohne ihnen den Blick zu vernebeln?
Karl-Heinz M
12.01.2011
Volker Kraska
12.01.2011
N. N.
12.01.2011
Cornelia Niklas
12.01.2011
S. Buchholzer
14.01.2011
Andreas J
23.01.2011
Peter Bongers
04.07.2013
Dr. Olaf Bartels
03.06.2015
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