Konfliktmanagement im Beruf
Konfliktmanagement im Beruf
Der schöne Traum von Frieden und Harmonie auf Dauer ist ein unerfüllbarer Wunschtraum. Anstreben sollte man das konfliktfreie Arbeitsumfeld, endgültig erreichen kann man es nicht. (Hedwig Kellner, Unternehmensberaterin)
Das alltägliche Wegsehen
Angst vor Konfrontation
Anke Schroeter (Name geändert) hat die Nase gestrichen voll. Seit knapp einem Jahr erst arbeitet sie als Entwicklerin in einer Softwarefirma. Doch so richtig motiviert ist sie längst nicht mehr. Der Grund: Ihr Kollege Thomas bringt mit seiner Profilierungssucht regelmäßig Unfrieden ins Team. Er hat keine Skrupel, bei Vorgesetzten Ideen als Eigenkreation auszugeben, die das Team gemeinsam entwickelt hat. Leider kamen solche Alleingänge bei ihm öfter vor – mal mehr, mal weniger schlimm. Als Anke ihn einmal darauf ansprach, nannte er sie "kompliziert", "konservativ" und "zickig".
Niemand außer ihr traute sich, die Sache zu thematisieren. Dabei wußte sie doch: Thomas` Alleingänge störten auch andere Teammitglieder. Getuschelt wurde gerne, aber eben nur heimlich. Irgendwann stellte Anke dann entsetzt fest, dass die Kollegen begannen, das Problem auf eine angebliche Antipathie zwischen ihr und Thomas zu reduzieren. "Ihr mögt euch halt nicht", hieß es. Ein typischer Konflikt zwischen Mann und Frau? War sie einfach zu empfindlich?
Teamleiter Wolfgang schien die drohende Gefahr nicht zu realisieren. Oder er hatte einfach Angst, sich damit auseinanderzusetzen.
Der große Knall
Eines Tages lief das Fass natürlich über. In einem Meeting hatten Teammitglieder Lösungsvorschläge für ein technisches Problem gesammelt. Anke, zur Sitzungsleiterin ernannt, schrieb die Ideen auf, um sie später an den Teamleiter weiterzureichen. Doch Thomas war schneller. Er brachte die Vorschläge, vermischt mit eigenen Ideen, zu Papier, lief damit zu Wolfgang, und verkündete, er habe da ein wohl ganz vielversprechendes Konzept verfaßt. Natürlich kam die Sache Stunden später ans Licht. Jetzt war er da, der große Krach. Wie kann jemand jeglichen Teamgeist und Anstand so frech links liegen lassen und dann auch noch glauben, dass er damit durchkommt?
Die Folgen sind klar: Das Team hat keine Lust mehr, in Eigeninitiative Ideen zu sammeln. Anke ist als Schlafmütze bloßgestellt, weil ihre Niederschrift zu spät kam, Wolfgang als schwacher Teamleiter geoutet. Und die Geschäftsleitung schaut den Entwicklern in Zukunft besonders genau auf die Finger. Aus Sicht des Chefs fehlt "diesen Theoretikern da vor ihren grauen Kisten" so viel Kompetenz im Umgang mit ihren Mitmenschen, dass man sie nicht alleine lassen konnte.
Konfliktfähigkeit: Mangelhaft
Woran liegt es, dass Konflikte wie dieser ganze Teams lahmlegen können?
Offensichtlich liegt die "Schuld" an dem eben beschriebenen Eklat nicht allein bei Thomas. Seit die Abteilung in dieser Zusammensetzung existierte, gab es dort niemanden, der sich mit der Verhütung und Lösung von Konflikten auskannte. Der einsame Versuch von Anke, die Lage zu verbessern, bewirkte nur Angst und Ablehnung.
Es ist gefährlich, so einfach von "Schuld" zu sprechen. Niemand bricht Streit vom Zaun, weil er ein "böser Mensch" ist. Viele Menschen haben ein erträgliches Sozialverhalten nie gelernt. Sie wissen nicht, dass es sich für sie genauso wie für die Firma lohnt, Geld und Energie in den Erwerb von Konfliktfähigkeit zu stecken.
Konflikte sind unvermeidlich
Konflikte an sich lassen sich nicht aus der Welt schaffen, es wird sie immer geben. Leider lassen sie sich oft erst dann lösen, wenn die gegnerischen Parteien keine Lust mehr zum Kämpfen haben. Die meisten Menschen werden, wenn sie ehrlich sind, zugeben müssen, dass sie nicht wirklich an einem Kompromiss interessiert sind. Es sei denn, dieser Kompromiss entspricht weitgehend der Meinung, mit der sie in den Konflikt gegangen sind.