Fehler vermeiden statt aufwendig beseitigen Mit FMEA auf der sicheren Seite – ein Praxisbeispiel
Fehler zu beseitigen ist umso kostengünstiger, je eher sie erkannt werden. Rückrufaktionen hingegen sind teuer und schaden dem Image. Dies ist der Ansatzpunkt der Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse, kurz FMEA: Ihr Einsatz verhindert bereits bei der Konstruktion eines neuen Produkts spätere Fehler. Anhand der Entwicklung von Hochleistungs-LED-Leuchten für Ampeln führt Dr. Christine Knorr in diese bewährte Methode ein.
Management Summary
Als Mitglied erhalten Sie die wichtigsten Thesen des Beitrags zusammengefasst im Management Summary!
Inhalt
- LEDs statt Glühlampen in Ampelanlagen
- Was ist die FMEA?
- Start des FMEA-Projekts – warum FMEA?
- Schritt 1: Die Strukturanalyse des LED-Einsatzes
- Schritt 2: Die Funktionen der Systemelemente analysieren
- Schritt 3: Die Analyse potentieller Fehler
- Schritt 4: die Risikobewertung
- Schritt 5: Interpretation und Risiko-Optimierung des Produkts
- FMEA – für Produktsicherheit so wichtig wie die Spezifikation
Fehler vermeiden statt aufwendig beseitigen Mit FMEA auf der sicheren Seite – ein Praxisbeispiel
Fehler zu beseitigen ist umso kostengünstiger, je eher sie erkannt werden. Rückrufaktionen hingegen sind teuer und schaden dem Image. Dies ist der Ansatzpunkt der Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse, kurz FMEA: Ihr Einsatz verhindert bereits bei der Konstruktion eines neuen Produkts spätere Fehler. Anhand der Entwicklung von Hochleistungs-LED-Leuchten für Ampeln führt Dr. Christine Knorr in diese bewährte Methode ein.
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- LEDs statt Glühlampen in Ampelanlagen
- Was ist die FMEA?
- Start des FMEA-Projekts – warum FMEA?
- Schritt 1: Die Strukturanalyse des LED-Einsatzes
- Schritt 2: Die Funktionen der Systemelemente analysieren
- Schritt 3: Die Analyse potentieller Fehler
- Schritt 4: die Risikobewertung
- Schritt 5: Interpretation und Risiko-Optimierung des Produkts
- FMEA – für Produktsicherheit so wichtig wie die Spezifikation
Vor einiger Zeit bekam ich Post vom Hersteller meiner Spülmaschine. Diese war mit einem Elektronikmodul ausgestattet, auf dem sich ein Bauteil erhitzen konnte. Mindestens zwei Hausbrände waren dadurch bereits entstanden. Bei allen ausgelieferten Spülmaschinen dieser Baureihe musste daher dieses fehlerhafte Modul ausgetauscht werden. Allein bei mir war ein Techniker eine halbe Stunde damit beschäftigt. Welch immenser finanzieller Schaden – nicht zu vergessen der Imageverlust für den renommierten Hersteller – entstanden durch einen Fehler im Design des Produkts! Und dies ist nur ein vergleichsweise "harmloses" Beispiel für eine Vielzahl von Rückrufen, die immer wieder durch die Medien gehen.
Hätte dieser Fehler entdeckt werden können, bevor das Produkt zum Verkauf freigegeben wurde? Im Nachhinein lässt sich das schwer sagen, aber es gibt Methoden, um solche Risiken zu reduzieren. Wie das Beispiel zeigt, ist dies für alle Produkte relevant, nicht nur für sicherheitskritische Anwendungen wie im Automobil oder in der Nukleartechnik. Natürlich steigt die Bedeutung der frühzeitigen Fehlervermeidung mit dem Gefahrenpotential.
Eine bewährte Methode zur frühzeitigen Fehlervermeidung in der Produktentwicklung ist die sog. Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse, kurz FMEA (engl.: Failure Mode and Effect Analysis). Die FMEA zielt darauf ab, potentielle Fehlerquellen für technisches Versagen zu identifizieren und bereits bei Konstruktion und Produktion eines Produkts vorausschauend zu verhindern. Anhand eines leicht verständlichen Beispiels – der sicheren Funktion einer Ampelanlage mit LED-Leuchtmitteln – zeige ich auf, wie FMEA bei Produktentwicklungen die Gefahr von Rückrufaktionen drastisch reduzieren kann. Details (v.a. technische), die für das Verständnis der Methode nicht nötig sind, habe ich vereinfacht und modifiziert.
LEDs statt Glühlampen in Ampelanlagen
Noch bevor die weiße LED den Einzug in die Beleuchtung hielt, wurden lichtstarke, farbige LEDs für den Einsatz in der Signalisierung als Ersatz ineffizienter Glühlampen untersucht. Ein bekanntes Beispiel sind Straßenverkehrssignale – umgangssprachlich "Ampeln" genannt. Neben der Energieeinsparung gegenüber Glühlampen können kostenintensive Wartungsintervalle durch die wesentlich längere Lebensdauer der LEDs ausgedehnt werden.
Neues Produkt muss in bestehender Umgebung zuverlässig funktionieren
Der Einsatz von LEDs statt Glühlampen erforderte jedoch die Entwicklung vollständiger Leuchtmodule – sogenannter LED-Einsätze. Diese LED-Einsätze mussten so beschaffen sein, dass sie in bestehende Ampelgehäuse montiert werden konnten und elektronisch mit den bestehenden Steuergeräten funktionierten. Anstatt einer Glühlampe mit Sockel, Reflektor und farbiger Streuscheibe waren jetzt LED-Board, Elektronik, Optik, Gehäuse zum Schutz der Elektronik und eine neue Streuscheibe nötig – eine komplette Neuentwicklung (Bild 1).
Vor allem aber war bei dieser Anwendung Sicherheit wichtig. Stellen Sie sich vor, das Steuergerät schaltet auf Rot, der LED-Einsatz leuchtet jedoch aufgrund eines Versagens der Elektronik nicht und das Steuergerät erhält darüber keine Rückmeldung! Die Folge wären Unfälle und Personenschäden, wenn nicht sogar Todesopfer. Der Ausfall einer Glühlampe war für das Steuergerät leicht zu erkennen, da dann auch der Stromkreis unterbrochen war. Wenn jedoch z.B. die LEDs schneller als erwartet degradierten, dann würde die Elektronik des LED-Einsatzes nach wie vor den gleichen Strom ziehen, obwohl die LEDs selbst nicht mehr ausreichend hell leuchteten.
Wie konstruieren wir Funktionssicherheit?
Dies war die Ausgangssituation eines Entwicklungsprojekts, das ich begleitete. Projektziel waren LED-Einsätze mit High-Power-LEDs für Ampeln. Wir hatten keine Erfahrung mit dieser Anwendung, schließlich handelte es sich um eine Neuentwicklung. Die erste Produktvariante waren LED-Einsätze für Signale mit einem Leuchtfelddurchmesser von 200 mm in rot, gelb und grün. Das Produktkonzept hatten wir bereits fertig ausgearbeitet und erste Muster wurden auf Herz und Nieren getestet.
Doch je näher die Produkteinführung rückte, desto unwohler fühlten wir uns. Uns wurde klar, dass wir zum ersten Mal mit unserem Produkt Menschenleben gefährdeten, wenn es nicht funktionierte – eine ganz andere Situation als beim Ausfall einer LED in einer Schreibtischleuchte. Wir suchten deshalb Rat bei unseren Kollegen aus dem Automobilbereich – dort ist das Thema Produktsicherheit inhärent. Diese empfahlen uns den Einsatz von FMEA.
Was ist die FMEA?
Die FMEA wurde Mitte der 60er Jahre von der NASA für das Apollo-Projekt entwickelt und fand über Luft- und Raumfahrt sowie Nukleartechnik Einzug in viele weitere Branchen. Die FMEA ist eine entwicklungsbegleitende Methode, die vor allem bei neuen Produktkonzepten potentielle Fehler, deren Ursachen und Folgen frühzeitig erkennen kann. Sie wurde zuerst dort eingeführt, wo die Begriffe "Qualität" und "Sicherheit" stark miteinander verknüpft sind. Im Automobilbereich wird die FMEA in der Produktentwicklung zunehmend Pflicht.
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Cornelia Niklas
01.06.2017