Professionalisierung des Projektportfolio-Managements Die richtigen Projekte umsetzen und effizient steuern

Die richtigen Projekte umsetzen und effizient steuern

Die richtigen Projekte durchzuführen und gut zu steuern, ist ein schier unmögliches Unterfangen, wenn das Unternehmen bereits über eine komplexe Projektlandschaft verfügt, aber noch kein strukturiertes Projektportfolio-Management (PPM) etabliert wurde. Anhand eines Beispiels schildert Jobst Scheuermann zunächst anschaulich die Schwierigkeiten, die ein fehlendes PPM mit sich bringt. Danach stellt er dar, wie es gelingen kann, ein integriertes PPM mit klaren Verantwortlichkeiten und Prozessen im Unternehmen einzuführen.

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Professionalisierung des Projektportfolio-Managements Die richtigen Projekte umsetzen und effizient steuern

Die richtigen Projekte umsetzen und effizient steuern

Die richtigen Projekte durchzuführen und gut zu steuern, ist ein schier unmögliches Unterfangen, wenn das Unternehmen bereits über eine komplexe Projektlandschaft verfügt, aber noch kein strukturiertes Projektportfolio-Management (PPM) etabliert wurde. Anhand eines Beispiels schildert Jobst Scheuermann zunächst anschaulich die Schwierigkeiten, die ein fehlendes PPM mit sich bringt. Danach stellt er dar, wie es gelingen kann, ein integriertes PPM mit klaren Verantwortlichkeiten und Prozessen im Unternehmen einzuführen.

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14.05.2025
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Marc legt den Telefonhörer auf und atmet tief durch. Gerade hat sein Chef ihn beauftragt, bis Donnerstag eine Übersicht über alle laufenden internen Projekte zu erstellen. Und zwar mit Budget, Status und einer Auflistung der bereits entstandenen Kosten. Minutenlang ziehen vor Marcs innerem Auge die anstehenden Aufgaben vorbei. Er hat keine Ahnung, wie er diese innerhalb von zwei Tagen bewältigen soll. Er lässt das Gespräch noch einmal Revue passieren. "Bitte erarbeiten Sie doch auch gleich einen Vorschlag, welche Projekte man stoppen, im Budget kürzen oder verschieben kann", hat sein Chef kurz angebunden gesagt. Marc weiß, so redete sein Chef immer, wenn er unter Druck ist. Dann hat dieser noch hinzugefügt: "Wir müssen mindestens 15% der bisher geplanten IT-Investitionen streichen, auch die IT muss einen Teil zur Kostenreduzierung beitragen – Vorgabe vom Vorstand. Außerdem läuft das neue CRM-Projekt des Vertriebsvorstands finanziell 'aus dem Ruder' und benötigt mehr Budget, voraussichtlich um die 350.000 Euro, aber das ist noch nicht ganz klar. Bitte erarbeiten Sie doch gleich eine Präsentation, in der Sie Ihre Vorschläge für die Budgetreduzierung, die zusätzliche Finanzierung des CRM-Projekts und die Auswirkungen von beidem auf das Projektportfolio darstellen." Und so schnell, wie sein Chef gesprochen hat, beendet er das Telefonat auch schon wieder.

Dieses Beispiel beruht auf meiner Erfahrung und ich möchte es nutzen, um zu zeigen, welche Probleme in Organisationen ohne strukturiertes Projektportfolio-Management auftreten und wie ein integriertes Projektportfolio-Management das Projektmanagement und die Prozesse in einer Organisation professionalisiert.

Marcs Chef leitet den IT-Bereich der SBZ Automotive AG, die als Zulieferer Elektronik und Sicherheitskomponenten für die Automobilindustrie anbietet. Marc selbst verantwortet erst seit einem Dreivierteljahr das Anforderungsmanagement und bildet so die Schnittstelle zwischen der umsetzenden IT und den anfordernden Geschäfts- und Fachbereichen, den sog. "Business-Partnern" (Bild 1). Von den Geschäftsbereichen sind neben dem Bereich "Elektronik" vor allem die Bereiche "Sicherheitskomponenten" und "Engineering" wichtige Anforderungssteller. Bei den Fachbereichen stellen die Bereiche "Finanzen", "Einkauf", "Vertrieb" und "Human Ressource Management" die wesentlichen Stakeholder dar.

Marc verantwortet außerdem das Projekt- und Programmmanagement und das Projekt-Management-Office der IT, da er als Leiter des Anforderungsmanagements die Verantwortung für die Umsetzung der Anforderungen gegenüber seinen internen Kunden trägt. Er ist für rund 180 Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 38 Millionen Euro pro Jahr verantwortlich.

Bild 1: Marcs Demand-Management-Organisation.

Marc hat sich zwar schon einen groben Überblick über die anstehenden Anforderungen und auch über die großen Projekte verschafft. Es gibt aber bisher kein strukturiertes Projektportfolio-Management. Dieser wesentliche Missstand fällt ihm jetzt auf die Füße. Er weiß nicht, welche Projekte mit welcher Priorität in welcher Entwicklungsphase sind, welchen Status sie haben und wie viel vom Projektbudget schon freigegeben, beauftragt oder bereits ausgegeben wurde.

Die Verantwortlichkeiten für Projektentscheidungen sind nicht klar geregelt. Viele Projekte werden in direkter Absprache zwischen den Mitarbeitern aus den Geschäfts- und Fachbereichen mit den Entwicklungsverantwortlichen aus der Abteilung "Application Development" in der IT an ihm vorbei initiiert. Diese wiederum beauftragen teilweise eigenständig und ohne Abstimmung mit ihm ggf. externe Dienstleister. So kann Marc unmöglich einen projektbezogenen Kostenüberblick bekommen. Bei den noch nicht begonnenen Projekten, die er kennt, kann er beim besten Willen nicht sagen, ob sie nach der Kürzung über genügend Budget verfügen werden, um sie noch in diesem Geschäftsjahr zu starten.

Zudem hat das Unternehmen zwar ein Jahr zuvor eine Projektmanagement-Software (PM-Software) eingeführt, die Qualität der Projektdaten, welche die Projektleiter in dieses System einpflegen, ist jedoch miserabel. Viele Projektleiter dokumentieren den Fortschritt ihrer Projekte immer noch in Excel-Dateien, die sie lokal auf ihrem Rechner ablegen. Andere, welche die PM-Software bereits nutzen, pflegen ihre Projektdaten nur unregelmäßig.

Außerdem ist Marc nicht klar, welche Projekte den größten strategischen und finanziellen Nutzen stiften und deshalb realisiert werden müssen und welche er auf das nächste Geschäftsjahr verschieben kann. Marc überlegt weiter: Es sollen auch keine Investitionsruinen entstehen. Wenn bei schon gestarteten Projekten das Budget gekürzt werden muss, dann wenigstens bei denen, die erst in der Anfangsphase stecken, bei denen bisher relativ wenig Kosten aufgelaufen sind und die für das Unternehmen den geringsten strategischen Nutzen bringen. Sinnvoll kann es auch sein, die Projekte noch zu stoppen, die zwar schon weiter fortgeschritten sind, für die aber kein strategischer, finanzieller oder regulatorischer Nutzen nachgewiesen werden kann. Auch muss er sich ja noch wegen der Kürzungsvorschläge mit den Fachbereichen abstimmen. Im Geiste hört er schon den empörten Aufschrei, denn natürlich wird niemand an "seinem" Projekt sparen wollen.

Und nach welchen Kriterien soll er die Projekte bewerten? Es existiert ja nicht einmal für jedes Projekt ein fundierter Business Case und damit die Möglichkeit, den strategischen, finanziellen oder regulatorischen Nutzen eines Projekts für das Unternehmen zu beurteilen. Bisher sind die Vorstände und die Geschäfts- und Fachbereichsleiter der SBZ AG nicht so konsequent gewesen, formale Freigabekriterien für alle IT-Projekte einzufordern.

Alle Kommentare (3)

Volker
Voigt

Praxisnahe Beschreibung wesentlicher Herausforderungen und Lösungsansätze. Nach Lektüre dieses Überblicks freut man sich auf die hoffentlich folgenden Detail-Artikel zu den Einzelaspekten (Reporting, Priorisierungsmodell etc.).

 

Eva
Schielein

Jobst Scheuermann liefert praxisnah und detailliert eine Beschreibung von Portfoliomanagement und zeigt, dass strukturiertes Vorgehen auch noch so komplexe Projektsituationen steuerbar macht. Ich empfehle diesen Artikel jedem CIO.

 

Heiko
Glaeske

Eine gute und vollständige Darstellung, trifft vollständig meine Erwartungen.

Ich frage mich jedoch, wie man diesen Ansatz, den ein Top-Management so erwartet, mit einer agilen Vorgehensweise der Projekte, in Deckung bringt. Dort gibt es keine Phasenweise Freigabe in Stage Gates. Vorstellen könnte ich mir hier, ein Freigabe von z.B. Epics.
Wie sehen das andere, oder haben einen Prozess aufgebaut?